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Nina Pohl ist der kreative Kopf der Agentur Marketingflotte. Die Agentur hat sich auf die Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung bei mittelständischen Unternehmen spezialisiert. Im Interview mit dem GaLaBau-Blog erläutert sie, was beim Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke zu beachten ist.

Employer Branding ist zwar in aller Munde – aber was genau versteht man darunter?

Nina Pohl: Vielleicht beantworte ich diese Frage besser von der Gegenseite: Employer Branding bedeutet nicht, man kann mit ein paar netten Anzeigen und halbherzigen Incentive-Maßnahmen – aber ohne Konzept und Strategie – eine glaubwürdige Identität als attraktiver Arbeitgeber aufbauen. Employer Branding beschreibt den strategischen Aufbau einer Arbeitgebermarke. Hierbei wird, ähnlich wie bei einem Produkt, die Unique Employment Proposition UEP erarbeitet. Das heißt, das Unternehmen macht sich zunächst einmal seine Stärken als Arbeitgeber bewusst – also: Was macht das Unternehmen für potenzielle Bewerber besonders attraktiv? Diese Stärken werden dann in einem auf die Zielgruppe abgestimmten Marketing-Mix kommuniziert.

Ist Employer Branding nur ein „Hype“ und bald kein Thema mehr?

Ausgehend vom demografischen Wandel und geringeren Schülerzahlen bei gleichzeitig steigendem Know-How-Bedarf, nehme ich an, dass uns diese Themen noch mindestens die nächsten 15 bis 20 Jahre begleiten werden und zukünftig nicht nur die größte unternehmerische Herausforderung darstellen, sondern auch wettbewerbsbestimmend sein werden.

Worin bestehen beim Aufbau einer Arbeitgebermarke die größten Probleme

Bis vor einigen Jahren konnte man in den Stellenanzeigen seine Forderungen formulieren und dann auf „aussagekräftige“ Bewerbungen warten – heute ist das anders. Wir haben quasi eine Vollbeschäftigung. Das bedeutet, Unternehmen sollten in ihren Stellenausschreibungen potenziellen Bewerbern Angebote machen, die schlagkräftige Wechselgründe liefern. Man muss also weg von der Stellenforderung – hin zum echten Stellenangebot. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Unternehmen zahlreiche Arbeitgeberstärken zu bieten haben, sie aber einfach nicht kommunizieren. Ein anderes großes Problem ist, dass die Verantwortlichkeiten für diese Fragen oft nicht geklärt sind. Employer Branding ist ein interdisziplinäres Thema, in dem die Unternehmensführung, wenn vorhanden die Personalabteilung und auch das Marketing beteiligt sind. Recruiting lässt sich heute nicht mehr „nebenbei“ erledigen – es erfordert Zeit, Strategie, Empathie und Kreativität.

Nina Pohl

Nina Pohl hat sich auf die Mitarbeiterbindung und -gewinnung bei mittelständischen Unternehmen spezialisiert.

„Die Mitarbeiterbindung ist definitiv das wirksamste Mittel gegen den Fachkräftemangel.“

Was ist das wirksamste Mittel gegen den Fachkräftemangel?

Die Mitarbeiterbindung ist definitiv das wirksamste Mittel gegen den Fachkräftemangel. Durch strukturierte Onboarding-Prozesse, Mitarbeiterbindungs-Maßnahmen und dem wertschätzenden Fokus auf die Mitarbeiter wirkt man dem Fachkraftmangel nachhaltig entgegen. Dann wird der Mitarbeiter zum Botschafter des Unternehmens, der wiederum gute Mitarbeiter wie ein Magnet anzieht. Das ist sozusagen die hohe Kunst des Employer Brandings. Hier geht es wirklich um Führung und Unternehmenskultur sowie um den Lebenszeitwert der Mitarbeiter.

Sie verwenden den Begriff Onboarding – was ist das?
Onboarding ist ein bisher ziemlich vernachlässigter Teil des Employer Brandings. Es beschreibt die hochsensible Zeit zwischen der Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag und den ersten Arbeitswochen im Unternehmen. Hier kann einfach viel schiefgehen. Wenn man sich zum Beispiel zwischen der Unterschrift und dem ersten Tag des neuen Mitarbeiters gar nicht um die ersten Touchpoints kümmert, dann ist der Fisch trotz Unterschrift vielleicht noch vor dem ersten Tag von der Angel, weil ein anderes Unternehmen noch bessere Köder hat. Ganz wichtig ist auch der erste Arbeitstag, der gut vorbereitet und strukturiert sein sollte. Wenn der neue Mitarbeiter hier nicht das Gefühl vermittelt bekommt, dass er willkommen ist und gebraucht wird, ist die innerliche Kündigung nicht weit. Laut einer Studie denken übrigens rund 15% der Mitarbeiter an ihrem ersten Tag an Kündigung. Ein strukturierter Onboarding-Prozess, unterstützt durch eine Onboarding-Broschüre, wirkt sich auch wirtschaftlich positiv auf das Unternehmen aus. Es verhindert Frühfluktuation, Mitarbeiter bleiben länger im Unternehmen und erreichen schneller gesetzte Ziele.

Womit steht und fällt eine Arbeitgebermarke?

Authentizität und Transparenz. Jeder Bewerber kann die Aussagen des Unternehmens mit einem Klick auf entsprechenden Bewertungsportalen einer Realitätsprüfung unterziehen. Es geht nicht um schöne Bildchen und hohle Versprechungen. Es geht um Glaubwürdigkeit und Kongruenz und darum, dass Mitarbeiter einen anderen Stellenwert bekommen.

Wie können Unternehmen ihre Arbeitgeberqualitäten am wirksamsten kommunizieren?
Mit einem auffälligen, kreativen und einfach gut durchdachten Stellenangebot und einer ebenso strategisch durchdachten Karrierehomepage. Denn wer nicht gesehen wird, wird nicht gefunden.

Warum beschäftigen Sie sich so intensiv mit diesem Thema?
Wer Mitarbeiter für sein Unternehmen gewinnen will, muss Menschen gewinnen. Menschen werden gesteuert und angetrieben durch Emotionen und das macht das Thema für mich so interessant. Viele Unternehmer sind der Meinung, es ginge ums „Business“ und da sei kein Platz für „Emotionen“ und hier liegt meiner Meinung die Krux. Beim Arbeitsplatz also der beruflichen Heimat des Mitarbeiters geht es um Emotionen, um Begeisterung und um Identifikation. Nur wer es zukünftig schafft, neben den Köpfen auch die Herzen seiner Mitarbeiter zu erreichen, galoppiert der Konkurrenz davon.

Veröffentlicht am 3.12.2019
Marco Wolpert2020-01-14T08:48:58+01:00
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