Foto: Lutze von Wurmb/ELCA
Alle zwei Jahre würdigt die European Landscape Contractors Association (ELCA) in Kooperation mit dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL) auf der GaLaBau-Messe in Nürnberg herausragende Leistungen in der Branche mit dem ELCA-Trendpreis. Präsident Henrik Bos erläutert im Interview, warum jede der Auszeichnungen für die Branche, aber auch für die Politik, zukunftsweisend ist.
Henrik Bos ist Präsident der ELCA. Der Dachverband repräsentiert die Landschaftsgärtner*innen aus 23 europäischen Ländern. (Foto: VRJ Group)
„Durch unsere Arbeit verleihen wir der GaLaBau-Branche Sichtbarkeit und Wertschätzung.“
Herr Bos, welche Bedeutung hat der ELCA-Trendpreis für die europäische GaLaBau-Branche?
Henrik Bos: Die Zeiten, in denen Grün nur als Dekoration angesehen wurde, sind vorbei. Heute weiß man, dass Grün das Klima verbessern, die Biodiversität steigern und die öffentliche Gesundheit fördern kann. Angesichts der aktuellen sozialen Herausforderungen wird unsere Branche bei diesen Themen eine immer wichtigere Rolle spielen.
Der ELCA-Trendpreis zeigt die neuesten Entwicklungen
Der Preis verleiht unserer Branche Sichtbarkeit und Wertschätzung. Außerdem ermöglicht er einen Blick in die Zukunft: An welchen zukünftigen Bedürfnissen wird sich der Garten- und Landschaftsbau ausrichten müssen? Und was kann er bewirken?
„‚Circl’ griff die Themen Kreislaufwirtschaft, Biodiversität und Reduktion von Treibhausgasen auf, noch vor dem Green Deal der Europäischen Kommission!“
ELCA-Trendpreis 2018: Das Projekt „Circl“ bietet den eigenen Mitarbeiter*innen einladende Außenarbeitsplätze, ist aber auch öffentlich zugänglich. Realisierung: Donkergroen im Auftrag von ABN AMRO Bank Amsterdam. (Foto: Lutze von Wurmb/ELCA)
Welche Impulse verleihen die Auszeichnungen dem internationalen GaLaBau?
Henrik Bos: 2018 kamen die Nominierungen aus den Niederlanden. Dabei wurden zwei Projekte ausgezeichnet: „Circl“ und „Green Dream“. „Circl“ griff die Themen Kreislaufwirtschaft, Biodiversität und CO2-Reduktion auf – noch bevor die Europäische Kommission den Green Deal auf den Weg brachte!
Herausragendes Beispiel für Bauen mit Grün: „Circl“ ist ein Pavillon im Amsterdamer Handelsviertel mit einem zu 100 Prozent zirkulären und komplett recycelbaren öffentlichen Dachgarten. (Foto: Lutze von Wurmb/ELCA)
„Inzwischen sind die Themen in der breiten Öffentlichkeit angekommen.“
„Green Dream“ fokussierte auf Biodiversität. Schließlich haben beide Projekte eine große Strahlkraft in der Branche entwickelt. Inzwischen sind die Themen in der breiten Öffentlichkeit angekommen. 2022 dann hat Schweden mit eindrucksvollen Außenanlagen in einem Seniorenheim gezeigt, wie Grünraum dort die Lebensqualität verbessern kann.
Vorbildcharakter: 2022 erhielt das schwedische Harplinge Retirement Home den ELCA-Trendpreis (Landschaftsarchitektin Kerstin Teutsch und Landschaftsbauunternehmer Roger Larsson). (Fotos: Lutze von Wurmb/ELCA)
„Die europäische Bevölkerung wird immer älter, wir brauchen daran angepasste Grünanlagen.“
Grünanlagen immer neu an die Bevölkerungsstruktur anpassen
Weil die Menschen in Europa immer älter werden, brauchen wir daran angepasste Grünanlagen. Das schwedische Projekt rückt den sozialen Wert von Grün und dessen Nutzen für die Bewohner*innen in den Blick. Inzwischen sind die positiven Auswirkungen von Grün auf die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen durch viele Studien belegt.
Welcher internationale Trend zeichnet sich beim ELCA-Trendpreis 2024 ab?
Henrik Bos: In diesem Jahr sind Projekte aus Österreich zum Thema „Natur im Garten“ nominiert. Leider werden Privatgärten noch überwiegend als privater Raum begriffen, dabei sind sie ökologische Tore. Jeder Garten wirkt sich auf seine Umgebung aus. Deshalb haben wir Privatgärten ausgewählt, die den Naturaspekt aufgreifen, auch über die eigene Grundstücksgrenze hinaus. Denn wir müssen ganzheitlicher denken und auch Insekten, Bienen, Schmetterlinge und Vögel miteinbeziehen.
Auch Privatgärten sind Teil eines lebendigen Ökosystems
Diese Erkenntnisse sollten künftig in die Planung einfließen. Das ist ein Zukunftstrend! Deshalb zeigen wir auf der GaLaBau, dass Gärten jenseits von Rasen, Pool und schönen Blumen auch mit Rücksicht auf die Natur gestaltet werden und trotzdem stylisch sein können.
„Von solchen Plattformen aus können wir der Politik wertvolle Impulse geben.“
Präsentieren, neue Kontakte knüpfen, netzwerken: ELCA-Generalsekretär Egbert Roozen und ELCA-Präsident Henrik Bos auf der „European Green Week“ im Juni 2023 in Brüssel. (Foto: Lutze von Wurmb/ELCA)
Wo sehen Sie die ELCA in fünf oder zehn Jahren?
Henrik Bos: Wir wollen unsere Botschaften und unser Wissen nicht nur in Europa einbringen, sondern weltweit, also auch in Asien, Afrika oder Australien. Denn es geht darum, zu zeigen, wie wertvoll Grün für diesen Planeten und für die Menschen ist. Das ist auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen wichtig. Daher müssen wir den Wert von lebendigem Grün für die Zukunft noch stärker deutlich machen, etwa für den Klimawandel.
Im September findet zum 25. Mal die GaLaBau-Messe statt. Wie bewerten Sie deren Stellenwert?
Henrik Bos: Die GaLaBau in Nürnberg ist sicher eines der wichtigsten internationalen Events der Garten- und Landschaftsbau-Branche. Und Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern die größte und am schnellsten wachsende GaLaBau-Industrie der Welt.
Über den eigenen Tellerrand blicken!
Dennoch wünsche ich mir noch mehr Einblicke in andere Länder. Die Messe unterstreicht, genau wie die Arbeit der ELCA, die enorme Bedeutung, die der Garten- und Landschaftsbau für die Zukunft hat. Auch auf politischer Ebene. In Europa werden gerade viele Gesetze und Verordnungen auf den Weg gebracht, die auf Biodiversität, Klimaschutz, Renaturierung abzielen. Die GaLaBau bietet die Möglichkeit, sich zu informieren, auszutauschen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln. Von solchen Plattformen aus können wir der Politik wertvolle Impulse geben und zeigen, was unsere Branche zu diesen Themen beitragen kann. Dazu gehören innovative Technologien ebenso wie Vorzeige-Projekte, die die Bedeutung von lebendigem Grün für unsere Gesellschaft, vor allem im urbanen Raum, herausstellen.
Der ELCA-Trendpreis „Bauen mit Grün“
Als Verband für Landschaftsgärtner*innen auf europäischer Ebene fördert die ELCA gemeinsam mit dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL) die Planung und Umsetzung ökologischer Gebäude und nachhaltiger (Stadt-)Grünanlagen sowie die Gestaltung von Außenflächen, Gebäudegrün und grün-blauer Infrastruktur. Der internationale ELCA-Trendpreis „Bauen mit Grün“ prämiert alle zwei Jahre herausragende Leistungen, die Nominierungen kommen jeweils aus einem europäischen Land und müssen einen Bezug zu einem vorgegebenen Thema haben. Welches Projekt es schließlich auf den ersten Platz schafft, darüber entscheidet eine internationale Fachjury. Bewertet werden neben dem höchsten fachlichen Niveau im Garten- und Landschaftsbau auch Nachhaltigkeit, Pflegeaufwand und Strahlkraft, um der Branche innovative Impulse zu geben.
Der ehemalige BGL-Präsident Lutze von Wurmb mit ELCA-Präsident Henrik Bos und dem amtierenden BGL-Präsidenten Thomas Banzhaf in Brüssel anlässlich des 60-jährigen Bestehens der ELCA (v. l.) (Foto: Thomas Krämer/BGL.)
„Die GaLaBau-Messe unterstreicht, genau wie die Arbeit der ELCA, die enorme Bedeutung, die der Garten- und Landschaftsbau für die Zukunft hat. Auch auf politischer Ebene.“
Über Henrik Bos
Seit April 2022 steht der GaLaBau-Unternehmer aus Finnland an der Spitze der ELCA. Weitere Ehrenämter: Vorstandsmitglied des finnischen GaLaBau-Verbands, Vorstandsmitglied des finnischen Verbands für Infrastrukturen und seit 2017 WorldSkills Skill Manager. Der passionierte Landschaftsgärtner übernahm 1998 den GaLaBau-Betrieb seines Vaters, verkaufte diesen fünf Jahre später an die VRJ Group, ist jedoch dort noch immer tätig. Das Unternehmen ist seit über 30 Jahren aktives ELCA-Mitglied. 2016 bis 2022 war Bos Vorsitzender des ELCA-Unternehmensausschusses (Committee of Firms).
(Foto: VRJ Group)
Egbert Roozen – ELCA-Generalsekretär
Seit Mai 2023 ist der Niederländer Egbert Roozen, seit rund 15 Jahren im Garten- und Landschaftsbau tätig, ELCA-Generalsekretär. Zuvor war er Präsident des niederländischen Landschafts- und Gärtnerverbandes Royal VHG, ebenfalls ELCA-Mitglied. Auch Roozen setzt sich aktiv für einen „grünen Wandel“ ein, bei GaLaBau-Betrieben, in der Aus- und Weiterbildung und öffentlichen Debatte. Dabei stehen die nutzbringenden Aspekte von Grün jenseits des rein Dekorativen im Vordergrund. Besonders angelegen ist es ihm auch, politische Kontakte mit europäischen Institutionen und relevanten Interessengruppen zu knüpfen, neue nationale und assoziierte ELCA-Mitglieder zusammenzuführen und ein inspirierendes Netzwerk innerhalb des ELCA-Unternehmensausschusses aufzubauen.
(Foto: Henk Snaterse)
Linktipps:
Autorin: Conny Frühauf
25. GaLaBau: „25 Köpfe“
Gesichter und Geschichten zum 25. Jubiläum der Internationalen Leitmesse für Urbanes Grün und Freiräume
Vom 11. bis 14. September 2024 findet in Nürnberg unter unserer BGL-Schirmherrschaft die 25. GaLaBau-Messe statt – ein Jubiläum, auf das wir stolz sind! Deshalb begleiten wir diesen Anlass mit Geschichten und Beiträgen über Menschen, die diese Internationale Leitmesse der „grünen Branche“ geprägt haben oder ihre Zukunft (mit)gestalten werden. In „25 Köpfe“ kommen „Branchen-Promis“ ebenso zu Wort wie der berufliche Nachwuchs, Messe-Newcomer*innen und langjährige Weggefährt*innen. Wir schauen hier sowohl in die Vergangenheit der GaLaBau, als auch in die Zukunft – und natürlich geht es um Awards, Innovationen und Trendthemen. Die Reihe „25. GaLaBau – 25 Köpfe“ liefert in den kommenden Monaten bis zum Start der 25. GaLaBau 2024 regelmäßig neue Kurzvideos, Interviews im Verbandsmagazin und Blogbeiträge, Social-Media-Foto-Beiträge und Video-Interviews.
