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Im gut eine Autostunde südlich von Berlin liegenden Jessen leitet Robert Kühn einen schnell wachsenden Garten- und Landschaftsbaubetrieb. Neue Mitarbeiter findet er da, wo andere gar nicht suchen, und beweist damit unter anderem, dass der Glaube an andere Berge versetzen kann.

Es bewegt sich etwas in Sachsen-Anhalt – so die Beobachtung von Robert Kühn. Immer öfter stellt er in seinem Betrieb in Jessen/Elster Menschen ein, die aus westlichen Bundesländern oder der Schweiz nach Sachsen-Anhalt zurückkehren. Sie kommen zum Beispiel, weil der Partner hier lebt oder weil sie auf dem Grundstück ihrer Familie ein Haus bauen möchten. Verstärkt wird dieser Trend durch Angebote der Landesregierung an Rückkehrer, etwa die Übernahme der Umzugskosten oder die Bezuschussung der Kinderbetreuung, und durch Rückkehrermessen, die der Landkreis und die Agentur für Arbeit ausrichten.

Immer öfter stellt Robert Kühn in seinem Betrieb in Jessen/Elster Menschen ein, die aus westlichen Bundesländern oder der Schweiz nach Sachsen-Anhalt zurückkehren.

Robert Kühn

Robert Kühn kam 2016 nach Sachsen-Anhalt zurück.

Über lange Zeit war die Abwanderung ein Riesenproblem: Seit der Wende und besonders um die Jahrtausendwende herum brachen viele junge Menschen aus den neuen Bundesländern Richtung Westen auf, weil sie in ihrer Heimat kaum Ausbildungsmöglichkeiten und Jobs fanden. Das ändert sich jetzt. Auch wenn die Region um Jessen nach wie vor zu den strukturschwächsten in Deutschland zählt, beginnt ihre Wirtschaftskraft zu steigen. Kühn erzählt, dass sich neue große Werke hier ansiedeln, zum Beispiel ein Milchverarbeitungsunternehmen aus Bayern und ein Wasserabfüller. Nun winken hier Jobs, auch gutbezahlte.

Dass die Region wieder attraktiver wird, sieht man laut Kühn auch daran, dass kaum noch Bauplätze zu finden sind. In kleinen Zentren wie Jessen sind sie gerade bei jungen Familien sehr begehrt. Sicher trägt zur Attraktivität auch bei, dass Berlin in einer guten Stunde per Auto erreichbar ist, bald sogar noch schneller, wenn neue mehrspurige Straßen fertig gebaut sind.

Von Ostdeutschland gen Westen und zurück

Robert Kühn ist selbst Rückkehrer: Nachdem er in Norddeutschland seine Ausbildung und sein Studium absolviert und einige Jahre in Uelzen gearbeitet hatte, kam er 2016 zurück nach Jessen und übernahm den Garten- und Landschaftsbaubetrieb seines Vaters, Jochen Kühn. Die Entscheidung fiel ihm zunächst nicht leicht, doch jetzt ist er vollkommen mit ihr im Reinen. „Das Unternehmen zu führen, macht mir großen Spaß. Es ist ein gutes Gefühl – das Gefühl, angekommen zu sein“, sagt er.

Das ist keine Worthülse: Wer mit Robert Kühn spricht, merkt sofort, dass seine Überzeugungen und seine Begeisterungsfähigkeit Motoren seines Handelns sind. Er bezeichnet den Beruf des Landschaftsgärtners als „seine Berufung“, sprudelt über von Ideen und Plänen und empfindet die Menschen, mit denen er zusammenarbeitet, als Bereicherung. Mit unbändiger Energie sucht und lebt er den Austausch mit anderen – im Verband, im Netzwerk seiner ehemaligen Kommilitonen, auf Fachmessen und natürlich mit dem eigenen Team.

Robert Kühn ist zufrieden

Für Robert Kühn ist sein Beruf eine Berufung, und die Menschen, mit denen er zusammenarbeitet, empfindet er als Bereicherung.

„Das Unternehmen zu führen, macht mir großen Spaß. Es ist ein gutes Gefühl – das Gefühl, angekommen zu sein.“

Um- und Ausbau des Familienunternehmens

Seinem Vater war Robert Kühns Art der Unternehmensführung zunächst ausgesprochen fremd. „Da prallten Welten aufeinander“, sagt er. „Mein Vater war ja ganz anders sozialisiert.“ Jochen Kühn hatte den Garten- und Landschaftsbaubetrieb 1990, also gleich nach der Wende, gegründet und bis 2016 durch Höhen und Tiefen geführt. Die konjunkturelle Krise Anfang des Jahrtausends ging nicht spurlos an dem Betrieb vorbei, so dass er damals drastisch verkleinert werden musste. Als Robert Kühn ihn Mitte 2016 übernahm, war er klein, aber stabil.

Es dauerte noch ein bis zwei Jahre, bis Vater und Sohn ein gutes Team wurden. Heute haben sie ihren Weg gefunden. Robert Kühn leitet das Unternehmen, baut es aus und modernisiert es auf Basis seiner Erfahrung in anderen Betrieben. Jochen Kühn arbeitet als Bauleiter und Qualitätsmanager mit und unterstützt die Entscheidungen seines Sohnes.

Welche Neuerungen bringt Robert Kühn in das Unternehmen ein? Sein Führungsverhalten ist kooperativer und lockerer als das seines Vaters. Er nimmt Fördermaßnahmen des Landes in Anspruch und nutzt eigens einen Unternehmensberater, der weiß, wo und wie Personal gefördert wird. Er setzt verstärkt auf neue Techniken, auf die Digitalisierung und auf Marketing. Hier möchte er insbesondere den Bereich Online-Marketing weiter ausbauen, um in der Region bekannter zu werden. Auch dabei konnte der Unternehmensberater helfen: Er tat ein Förderpaket auf, mit dem die Beratung durch Marketing-Experten bezuschusst wird.

Früher war es ostdeutsche Mentalität, alles selbst machen zu wollen. Jetzt genießen es immer mehr Menschen, wenn sie ihre freie Zeit anders nutzen können.

Schwimmteiche werden bei Kühn Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau oft nachgefragt.

Top-Ausbildungsbetrieb

Und: Robert Kühn legt großen Wert auf die Ausbildung. Während der Vater 10 Jahre lang nicht mehr ausgebildet hatte, engagiert sich der Sohn hier stark. Das sollte angesichts des Fachkräftemangels jedes Unternehmen tun, findet er. Als Mitglied der Initiative für Ausbildung bietet er einen hohen Standard und darf deshalb das Siegel „Top-Ausbildungsbetrieb Landschaftsgärtner“ der Initiative für Ausbildung führen.

Eine große Inspiration für Robert Kühns Umgang mit Auszubildenden und Mitarbeitern war seine eigene Ausbildung bei Manuel und Helmut Peppler in Bremen. „Es hat mich so fasziniert, wie die beiden mit den Mitarbeitern umgegangen sind, so fair und locker. Die haben gerne für sie gearbeitet, sie standen hinter ihren Chefs, und die Chefs haben sie immer unterstützt“, schwärmt Robert Kühn noch heute.

Auch er ist ein Chef auf Augenhöhe und fördert und ermutigt, wo er kann. Neue Auszubildende und Mitarbeiter gewinnt er unter anderem unter Menschen, die einige Jahre arbeitslos waren und sich die Ausbildung zum Teil gar nicht mehr zutrauen. Mit Erfolg: „Ich hatte schon zwei Mal einen Volltreffer mit ehemaligen Arbeitssuchenden“, sagt er. „Man könnte denken, das seien besonders schwache Kandidaten, aber das Gegenteil ist der Fall!“ Dass der Wiedereinstieg von Arbeitssuchenden ins Berufsleben im Rahmen des neuen Teilhabechancengesetzes auch noch staatlich gefördert wird, ist für ihn ein zusätzliches Bonbon, aber nicht die entscheidende Motivation. „Ich hätte diese Mitarbeiter auch ohne die Förderung genommen“, betont er.

Zurzeit arbeitet ein junger Mann Im Betrieb, der ein perfekter Kandidat für die Ausbildung wäre, aber dadurch entmutigt ist, dass er in der Schule keine guten Noten hatte. Auch ihn unterstützt Robert Kühn nach Kräften: „Wir zeigen ihm jetzt, dass er etwas wert ist, dass er es doch kann“, sagt er. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Vertrauen, das er anderen entgegenbringt, neues Selbstvertrauen wachsen lässt.

Robert Kühne mit Mitarbeiter

Eine große Inspiration für Robert Kühns Umgang mit Auszubildenden und Mitarbeitern war seine eigene Ausbildung.

„Ich hätte niemals gedacht, dass das Unternehmen so schnell so sehr wächst. Das liegt am aktuellen Bauboom, aber natürlich auch an meinen Mitarbeitern, die fantastische Arbeit leisten.“

Boom bei den Aufträgen

Das kommt natürlich auch dem Betrieb zugute, denn eine Verstärkung seines Teams kann Robert Kühn immer gebrauchen. Zurzeit erhält er mehr Anfragen potenzieller Auftraggeber denn je, im Schnitt zwei bis drei pro Tag. Da ist es schon eine Herausforderung, überhaupt alle Baustellen anzuschauen und entsprechende Angebote zu erstellen. Es rufen sogar Baubetriebe aus Berlin an, die eine Anfahrt von mehr als einer Stunde in Kauf nehmen. „Ich hätte niemals gedacht, dass das Unternehmen so schnell so sehr wächst“, sagt Kühn. Und fügt hinzu: „Das liegt am aktuellen Bauboom, aber natürlich auch an meinen Mitarbeitern, die fantastische Arbeit leisten.“

Viele der Aufträge erhält er von öffentlichen Stellen, doch der Anteil privater Projekte wird jedes Jahr größer. Auch in dieser Hinsicht verändert sich etwas in Kühns Heimat. Früher war es ostdeutsche Mentalität, alles selbst machen zu wollen, erinnert er sich. Jetzt genießen es immer mehr Menschen, wenn sie ihre freie Zeit anders nutzen können. Auch die Bereitschaft, Geld auszugeben, steigt. Zum Beispiel hat das Unternehmen aktuell viele Anfragen für Pools und Schwimmteiche.

Der Anteil an gewerblichen Aufträgen wächst ebenfalls, hier fehlt es Kühn aber noch an Personal. Er erzählt, dass drei bis vier Kolonnen in den warmen Sommern ausschließlich mit dem Wässern der 4.000 Bäume beschäftigt sind, die der Betrieb zurzeit in Pflege hat. Erschwerend kommt hinzu, dass er aufgrund des Regenmangels keine Genehmigung erhält, Wasser aus öffentlichen Gewässern zu entnehmen. So muss täglich die Frage geklärt werden, wo das Wasser herkommt. In manchen Landkreisen liefert es die Straßenmeisterei, in anderen muss er versuchen, es zum Beispiel von Landwirten zu bekommen.

Eine Verstärkung seines Teams kann Robert Kühn immer gebrauchen.

Robert Kühn legt großen Wert auf die Ausbildung.

Engagement im Verband

Neben all seinen täglichen Aufgaben im Betrieb widmet sich Robert Kühn intensiv der Netzwerkpflege und der Verbandsarbeit, unter anderem als Präsident des Landesverbands Sachsen-Anhalt. Auch bei diesem Thema spürt man, dass Robert Kühn ganz in seinem Element ist. „Es ist für mich eine Ehre und ein Privileg, Präsident des Landesverbands zu sein“, sagt er. „Ich ziehe viel aus der ehrenamtlichen Tätigkeit. Man ist zwar viel unterwegs, manchmal über Tage, nimmt aber aus jeder Tagung und jedem Treffen Ideen mit, auf die man sonst gar nicht gekommen wäre.“

Er sieht den Verband als starkes Netzwerk mit vielen Vorteilen: „Man tauscht sich aus und erhält innerhalb kürzester Zeit die Information, die man braucht. Auch die Zusammenarbeit mit den anderen Landesverbänden ist wunderbar.“ Robert Kühn fällt dazu das Wort „Solidargemeinschaft“ ein.

Daneben nutzt er gerne die Leistungen des AuGaLa. „Die machen ganz tolle Sachen“, so Robert Kühn. „Andere Branchen würden sich ein Werkzeug wie dieses wünschen.“ Ähnliches gilt laut Kühn für die Marketingunterstützung durch den Verband. Er schätzt es, ein breites Spektrum an Leistungen nutzen zu können, die sonst „unheimlich viel Geld kosten“ würden. Unter anderem greift er auf die Motive der Image- und PR-Kampagne zurück. Auch viele weitere Angebote des Verbands wie die zahlreichen Weiterbildungen, die Organisation der Ausbildung, die politische Arbeit und die wöchentlichen Infoblätter zu Branchenthemen empfindet Kühn als große Hilfe.

Rober Kühn im Schaugarten

Die positive und kooperative Einstellung scheint einer der Gründe für Robert Kühns Erfolg und seiner Freude an der Arbeit zu sein.

„Ich liebe meinen Job.“

Der Geist des Miteinanders

Andere Betriebe sieht er als Mitbewerber, aber nicht als Konkurrenten. „Wenn ein Auftrag nicht zu leisten ist, ruft man einen Kollegen an“, sagt er. „Das klappt super und das freut mich.“

Robert Kühns Netzwerk umfasst neben den anderen Verbandsmitgliedern auch ehemalige Kommilitonen von der Hochschule Osnabrück, an der er Management im Landschaftsbau studiert hat. Sie betreiben jetzt in unterschiedlichen Teilen Deutschlands eigene Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen und helfen sich gegenseitig bei Fragen und Problemen. „Für viele Landschaftsgärtner ist es selbstverständlich, Zeit zu investieren, um anderen zu helfen, egal wie viel sie selbst gerade zu tun haben“, so Kühns Erfahrung.

Seine positive und kooperative Einstellung scheint einer der Gründe für Robert Kühns Erfolg und für seine Freude an der Arbeit zu sein. „Ich liebe meinen Job“, sagt er unumwunden. Kühn mag es, jeden Tag zu sehen, was er geschaffen hat. So geht es auch seinem Vater: Er sieht noch nach fast 40 Jahren im Beruf, wie seine Pflanzungen sich entwickeln, und erklärt gerne, unter welchen Bedingungen sie einmal entstanden sind.

Robert Kühn sagt, seine Begeisterung für den Garten- und Landschaftsbau habe er von seinen Eltern. Außerdem sprang der Funke von seinen bereits erwähnten Ausbildern Manuel und Helmut Peppler über, deren Augen laut Kühn „wie Scheinwerfer leuchteten“, wenn sie über Pflanzen sprachen, und die auch als langjährige Ehrenamtler im Verband Vorbilder für ihn waren. Prägend war auch sein zweiter Ausbilder, Christoph Hinrichs, der ihn zum Bauleiter ausbildete. „Er kann eine Baustelle perfekt vorbereiten und bewahrt in jeder Situation die Ruhe. Er brachte mir bei, viele Dinge nicht emotional, sondern rein sachlich zu sehen und Situationen zu hinterfragen, um die richtige Entscheidung treffen zu können“, erklärt Kühn. „Sie alle haben mich so beeinflusst, ich bin ihnen sehr dankbar!“

Und so gibt er das, was er selbst an Unterstützung und Inspiration erfahren hat, heute an andere weiter. Das kommt unter anderem seinen Praktikanten, Auszubildenden und Mitarbeitern sowie Verbandsmitgliedern und Mitbewerbern zugute – und leistet zugleich einen Beitrag zum Wiedererstarken seiner Heimatregion in Sachsen-Anhalt.

Veröffentlicht am 3.12.2019
Marco Wolpert2020-01-14T08:48:01+01:00
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