Mitwirkung bei Landesgartenschauen? Auch kleine Betriebe haben eine Chance
Eine ausgewogene Mischung aus privaten und öffentlichen Aufträgen, ein entspanntes Team, eine nachhaltige Leitung: Das zeichnet den GaLaBau-Betrieb Christian Schelleis in Hessen aus. „Eigentlich gibt es über meinen Betrieb nicht viel zu erzählen“, findet der Chef selbst. Wenn man ihm zuhört, ist man da nicht seiner Meinung – denn man erfährt eine Menge. Unter anderem, wie auch eine kleine GaLaBau-Firma an der Landesgartenschau in Fulda 2023 teilnehmen kann. Mit guten Aussichten!
120 Quadratmeter in schönster Lage, inklusive Premiumblick auf das Kloster Frauenberg in Fulda. Besser könnte es gar nicht sein, sagt Christian Schelleis. Er ist erstaunt, dass nur wenige andere Betriebe die Chance auf eine Teilnahme bei der Landesgartenschau (LGS) Hessen genutzt haben: „Bei der Auftaktveranstaltung waren noch viele dabei, jetzt sind wir nur noch vier Firmen. Wir haben uns rechtzeitig beworben, einige Jahre vorher. Ja, es ist mit Mühen verbunden, aber es macht Spaß.“
Landesgartenschau als Kundenmagnet
Zwischen August `22 und März `23 summierte sich der Aufwand auf 350 Stunden. Solange die Schau dauert, sollte am Wochenende eine Ansprechperson aus dem GaLaBau-Betrieb auf dem Gelände sein. Im Gegenzug erhält die Firma die Chance, den eigenen Entwurf samt Umsetzung optimal zu präsentieren und dadurch neue Kunden zu gewinnen. Und die Landesgartenschaugesellschaft unterstützt diesen Einsatz mit rund 80 Euro pro Quadratmeter.
Interdisziplinär und nachhaltig
Der mit Christian Schelleis befreundete Landschaftsarchitekt Rainer Oczko hatte einen Entwurf gestaltet, den Blick auf das Kloster in den richtigen Rahmen gesetzt. Gemeinsam haben sie sich über die Baustoffe Gedanken gemacht: Möglichst gebraucht sollten sie sein oder gut recyclebar. Denn das hält nicht nur die Kosten niedrig, sondern ist auch nachhaltig. Schließlich sei Nachhaltigkeit mehr als nur ein Trend, sagt der Landschaftsgärtner. „Wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass die Objekte transportabel sind und erneut aufgestellt werden können.“
Der betriebseigene Tischler baute eine Grundkonstruktion aus OSB-Platten. Der beratende Stuckateur Cosimo Notarangelo half bei wasserdichter Beschichtung und Putz. Dazu holte Schelleis eine Fachfrau für die Farbgestaltung der Elemente und einen lokalen Staudenproduzenten ins Team. Der Bildhauer Lothar Nickel präsentiert im Garten drei Skulpturen.
„Die Zahl der Beteiligten ist mit dem Projekt gewachsen. Mich hat sogar ein Harfenbauer angesprochen, der gern in diesem Setting mitspielen möchte.“
Der Boden bildet die Grundlage
Nicht nur auf der Gartenschau legt Christian Schelleis viel Wert auf die Qualität des Bodens: „Ich muss kein Substrat aus der Vulkaneifel in die Rhön fahren lassen. Wir möchten nicht unter großem Aufwand ausschachten, wir wollen möglichst wenige Lkw auf die Straße schicken und den Grund mit Mitteln vor Ort optimieren.“ In einem dichten Boden würden Kompost und Sand Wunder wirken, und mit Kalksplitt aus der Gegend ließe sich der pH-Wert des Bodens ändern und abmagern. So erhält man eine gute Grundlage für entsprechende Staudenanpflanzungen.
Regional und umweltbewusst
„Wir haben in der Rhön natürlich eine tolle Möglichkeit, an gebrauchte Natursteine zu kommen. In unserer Nähe handelt ein Unternehmer mit recycelten Materialien.“ Da gibt es günstige Alternativen zu der weltweiten Steinauswahl aus dem Katalog: Altes Pflaster, Ziegel oder sogar Teile alter Brücken werden wiederverwertet und sehen dazu gut aus. Schelleis muss bei diesem Punkt bei den Kund*innen kaum Überzeugungsarbeit leisten: „Wir bauen fast ausschließlich Trockensteinmauern, für die brauchen wir wenig oder keinen Beton, das spart Energie und CO2. In der Regel reicht eine Schotterschicht aus recyceltem Material. Ich muss das Loch im Basaltkrater nicht noch größer werden lassen.“
Das Sortiment der von ihm verwendeten Betonsteine hat er auf eine kleine Auswahl beschränkt. Nötige Betonmengen bezieht er regional. Auch bei anderen Baustoffen denkt er umweltbewusst: „WPC-Sichtschutzwände würden wir nicht bauen, auch keine Schottergärten. Und soviel ich weiß, haben wir seit unserem Bestehen noch keine Thuja-Hecke gepflanzt.“ (WPC = Wood-polymer-composite, also ein Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff, Anm. d. Red.)
Die Stauden wachsen vor Ort
Denn die Pflanzenauswahl ist an die regionalen Gegebenheiten angepasst. Schelleis verwendet lieber wenig gedüngte Stauden, die sich erst vor Ort etablieren.
Das gilt für öffentliche wie private Aufträge. Denn bei diesen Gestaltungen geht es oft um Wunschfarben und pflegeleichte Pflanzen. „Das Angebot an Staudenmischungen ist ungeheuer breit geworden; das ist nicht immer gut. Ich greife wenige heraus und empfehle Kund*innen gezielt, was zu den Boden- und Klimaverhältnissen passt. Manchmal sind sie sogar dankbar, wenn wir ihnen etwas ausreden.“
„Die Stauden sollen nach dem Pflanzen nicht stagnieren, sondern im Wachstum explodieren, sich eher am Standort entwickeln als in der Gärtnerei.“
Der Umgang mit dem Team zählt zur nachhaltigen Strategie
Auch dass Pflanzkonzepte langfristig funktionieren, ist für Christian Schelleis eine Frage der Nachhaltigkeit: „Ich hatte einen älteren Mentor. Er war ein fürchterlich harter Kritiker und hat schon vor 20 Jahren gesagt: Nachhaltigkeit ist ein gutes Wort. Heute kann man damit immer noch punkten. Nachhaltig heißt für mich, umweltschonend zu handeln und auch für die Mitarbeiter*innen zu sorgen. Dazu muss man planen, wie es mit dem Unternehmen langfristig weitergeht. Insofern würde ich den Umgang mit dem Team absolut zur nachhaltigen Strategie zählen.“
„Nachhaltig heißt für mich, umweltschonend zu handeln und auch für die Mitarbeiter*innen zu sorgen.“
Fuhrpark und Handgeräte gehören für ihn ebenfalls dazu – das sei auch gut gegen die Lärmbelastung, meint Schelleis: „Da läuft kein Zweitakter, unsere Leute haben einen wunderbar leistungsfähigen Rückenakku.“ Gerade überlegt er, auch Elektrofahrzeuge anzuschaffen. An seinem Haus hat er eine Photovoltaikanlage. „Am Lagerplatz gibt es kein Strom und Wasser, da läuft ab und zu ein Generator. Ein mobiler Energiespeicher ist als nächste Investition geplant. Wasser fangen wir von den Dächern auf dem Lagerplatz auf. Man braucht nicht viel.“
“Demut ist ein gutes Wort.”
Zehn Leute inklusive Schelleis arbeiten im Betrieb, er ist froh über die ausgeglichene Stimmung im Team: „Leidenschaft ist wunderbar. Und Demut ist ein gutes Wort, als Gegenteil von Überheblichkeit. So schätze ich uns ein, wir sind miteinander im Reinen. Ich würde das nicht machen, wenn ich morgens auf den Betriebshof käme und nur in mürrische Gesichter gucken würde. Wir sind glücklich, in unserem Beruf arbeiten zu dürfen.“
„Wir sind glücklich, in unserem Beruf arbeiten zu dürfen.“
Für die gute Stimmung sorgt auch eine ausgeglichene Work-Life-Balance: „Wir haben einen Jahresrhythmus mit regelmäßigen Schließzeiten und auch mal einen Freitag frei. Das haben sich alle verdient.“
Pädagogikstudium und Engagement für den Nachwuchs
Erst mit Mitte 40 hat Christian Schelleis sich für die Selbstständigkeit entschieden. Weil er nach seinem Meister im Gartenlandschaftsbau ein Pädagogikstudium absolvierte, kann er heute noch regelmäßig an der Berufsschule unterrichten. Dabei erlebt er, wie unterschiedlich junge Landschaftsgärtner*innen sind: „‘Hart, härter, Landschaftsgärtner‘ trifft es nicht. Die Azubis sind weit vielfältiger. Es gibt kein Patentrezept, weder in den Unterrichtsmethoden, noch bei den Arbeitsprozessen. Das ist ganz individuell, das finde ich sehr schön.“
Nachfolge langfristig geplant
Ausstieg und Nachfolge sind für viele Betriebe ein wichtiges Thema, besonders wenn es keine Kinder gibt, die übernehmen wollen. Schelleis will jetzt seinen langjährigen Mitarbeiter Martin Hetze in die Geschäftsführung holen: Seit 16 Jahren arbeiten die beiden zusammen, Hetze ist in dieser Zeit Meister geworden. „Wir wollen meinen Ausstieg langsam einleiten. Ich kenne so viele Kolleg*innen, die mit 75 immer noch voll dabei sind und sich beklagen, niemanden für die Nachfolge zu finden – vielleicht wollen manche auch nicht wirklich jemanden? Mit 60 möchte ich nicht mehr in der ersten Reihe stehen.“ Darum verteilt Schelleis schon jetzt auch Führungsaufgaben und ist manchmal erstaunt, wie gut das klappt: „Es hat auch etwas mit Vertrauen zu tun, auf diese Art loslassen zu können.“
Autorin: Britta Freith
Fotos: Martin Rottenkolber