Ehrenamtlich engagiert: Fachkräfteeinwanderung im GaLaBau
Fachkräfte zu finden wird in Deutschland von Jahr zu Jahr herausfordernder. Das GaLaBau-Unternehmen Haase in Niedersachsen geht neue Wege und erprobt im Rahmen eines Pilotprojektes, wie es funktioniert, Fachkräfte aus dem Ausland einzustellen. Geschäftsführerin Sabrina Haase berichtet von ihren Erfahrungen mit sechs Mitarbeiter*innen aus Kolumbien.
Clara Escandon, Andrès Cuenca, Haiden Castro, Johan Lopez, Juan Pablo und Juan Delgadillo sind Gärtner*innen aus Kolumbien und wollen nach Deutschland einwandern. Sie haben einen Arbeitsvertrag beim Familienunternehmen Haase in Niedersachsen. Kennengelernt haben sie das Unternehmen online über ein Pilotprojekt.
Ein Pilotprojekt zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Fachkräfte aus Kolumbien für GaLaBau-Betriebe aus der Region zu gewinnen, darum geht es im gemeinsamen Pilotprojekt des Landesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Niedersachsen-Bremen e.V. mit der Bundesagentur für Arbeit. Grundlage ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020. „Mein Vater und ich waren uns schnell einig, dass wir mitmachen wollen“, sagt Sabrina Haase. Sie haben die Kolumbianer*innen in regelmäßigen Abständen online getroffen und sich kennengelernt. Per Video-Schalte führten sie Bewerbungsgespräche. Und im Spätsommer 2022 war es dann schließlich so weit: Insgesamt 14 Männer und Frauen aus Kolumbien kamen in Hannover an, um ein neues Leben in Niedersachsen zu starten. Angekündigt waren sie als Fachkräfte im Garten- und Landschaftsbau. Es kam dann aber anders.
Die Haase-Gruppe gärtnert, plant und baut in Niedersachsen
Haase Garten- und Landschaftsbau hat seinen Sitz in Bergen, zwischen Bremen, Hamburg und Hannover. 1989 gegründet, gehören heute zwei weitere Firmen zur Haase-Gruppe: Haase Straßenbau und Grünwert Lüneburger Heide. Rund 85 Mitarbeiter*innen arbeiten mit Familie Haase im Garten-, Landschafts- und Straßenbau, in der Grün- und - Grauflächenpflege, der Baumuntersuchung und -pflege sowie im Winterdienst. „Unsere Vielseitigkeit hat sich in den schwierigen Zeiten von Corona, Krieg und Preissteigerung als Resilienz-Faktor erwiesen“, sagt Sabrina Haase. Sie ist im Gründungsjahr geboren und mit dem Betrieb groß geworden. Seit Anfang 2024 führt sie zusammen mit ihrem Vater Thomas Haase die Geschäfte.
Die Firma fit machen für die Zukunft
Der Familienbetrieb geht kontinuierlich neue Wege und macht die Firma fit für die Zukunft: weitere Standbeine schaffen, größeres Betriebsgelände bauen, Jobräder für die Mitarbeiter*innen ermöglichen, neue Standorte erschließen. Fachkräfte aus dem Ausland zu beschäftigen, das ist eine Investition in die Zukunft, die Engagement erfordert. Es sind viele Kleinigkeiten, wie bei der Wohnungssuche zu helfen und bei Behördengängen zu unterstützen, aber „Man bekommt auch ganz viel zurück“, sagt Sabrina Haase.
„Wir werden uns reinhängen, damit sie so schnell wie möglich ihre Familie nachholen können.“
Ehrenamtliches Engagement aus Respekt
Die 35-Jährige hat Respekt davor, was die Menschen alles hinter sich lassen in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie will dafür sorgen, dass sie nicht nur eine neue Arbeit, sondern auch ein neues Zuhause finden. „Ich hänge mich da rein, weil ich sie gern mag und ich selten so motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlebt habe“, sagt Haase. Zum Start hat sie ein Willkommensgrillen organisiert und ihre Belegschaft darauf vorbereitet, die neuen Kolleg*innen mit offenen Armen zu empfangen. „Die Arbeitsbedingungen in ihrer Heimat sind schlecht. Sie sehen oft keine Lebensperspektive. Sie lassen ihre Familie zurück, um hier ein neues Leben zu starten. Das wollten wir allen ins Bewusstsein bringen“, sagt Haase.
Menschlich eine große Bereicherung, fachlich erst mal Azubis
Viele Mitarbeiter*innen haben sich das zu Herzen genommen. Die neuen Kolleg*innen haben sich gut integriert, und es sind Freundschaften entstanden. „Wir haben nur leider schnell festgestellt, dass die gärtnerische Kompetenz und unsere fachlichen Anforderungen nicht zusammenpassen“, sagt Haase. In Kolumbien haben sie auf dem Feld im Reis- oder Sojabau gearbeitet und im Produktionsgartenbau – durchaus auch in leitenden Positionen, aber nicht vergleichbar mit dem deutschen Berufsbild Landschaftsgärtner*in. „Wir sind total glücklich mit den Menschen aus Kolumbien. Fachlich sind sie aber Auszubildende mit wenig Deutschkenntnissen. Das hat uns schon überrascht“, sagt die Geschäftsführerin.
Kritik an den Behörden
Die Informationsweitergabe und Zusammenarbeit mit den Behörden findet Haase extrem schleppend. Das habe sie im Rahmen eines Pilotprojektes nicht erwartet. Der versprochene Sprachkurs nach Ankunft startete nicht, und wie die Ausbildung ablaufen soll, ist bis heute nicht klar. Als ein weiterer Kolumbianer in ihren Betrieb wechseln wollte, musste das zuständige Amt für Migration dem zustimmen und war lange nicht erreichbar. „Insgesamt hat es sechs Wochen gedauert“, berichtet Haase.
Gekommen, um zu bleiben: nächster Schritt Familiennachzug
Die Zusammenarbeit mit den sechs kolumbianischen Einwander*innen entwickelt sich positiv. Sie wollen bleiben, und Sabrina Haase glaubt fest daran, dass sie alle Kurse und Prüfungen bestehen werden. Und auch, dass es mit der Anerkennung klappt – die Voraussetzung dafür, dass Haase Garten- und Landschaftsbau sie langfristig übernehmen kann. Als nächstes steht der Familiennachzug an. „Ich habe auch zwei kleine Kinder. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auf Dauer eine Lösung ist, dass man nur einmal im Jahr nach Hause fliegt und seine Kinder sieht“, sagt Sabrina Haase. „Auch da werden wir uns reinhängen, damit die Kolleg*innen so schnell wie möglich ihre Familien nachholen können.“
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Autorin: Valeska Zepp
Fotos: Martin Rottenkolber