Gärten sind Kunsträume

Das Reservat in Berlin bietet Raum für Gartenideen und Menschen mit Geschichte(n). Das gilt sowohl auf Kundenseite als auch für das rund 20-köpfige Team um Garten- und Landschaftsbaumeister Harald Jeremias. Die Firma gestaltet und pflegt vielfältige Gärten und Anlagen im Süden Berlins. Quereinsteiger sind willkommen, Fachwissen muss sein. Damit hat der Chef selbst die beste Erfahrung: In einem früheren Leben war er Schauspieler.

„Natur. Garten. Kultur.“ Hinter diesem Motto findet sich eine gartenbaukundige Mannschaft mit vielfältigem Hintergrund. Nicht wenige hier arbeiten in ihrem zweiten Beruf – zum Team des Reservats gehören ein Volljurist, ein Fotograf und ein Straßenbauer. Sie alle haben das Metier gewechselt. Harald Jeremias selbst ist ursprünglich ausgebildeter Schauspieler. Nach Jahrzehnten auf der Bühne kam er vor rund 20 Jahren eher zufällig zur Gartengestaltung. Heute ist er Meister für Garten- und Landschaftsbau.

Erfahrung macht bunte Gärten. Im Reservat gucken alle gern über den eigenen Tellerrand und profitieren untereinander sehr von Teamwork.

„Meine Leute sind die Hauptakteure. Der Betrieb ist nur so gut wie sie.“

Jeremias mag diese Mischung: „Ich habe keine Berührungsängste, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass das Leben einen immer wieder in andere Richtungen treibt.“ In der Praxis trennt sich die Spreu vom Weizen schnell: „Bei vielen, die erstmals vorbeikommen, spielt der ökologische Nachhaltigkeitsgedanke eine große Rolle. In der Kennenlernphase merken sie dann, dass Garten- und Landschaftsbau ein Handwerksberuf mit Arbeitszeiten von 7 bis 16 Uhr bei Wind und Wetter ist.“ Das muss man genauso mögen wie den körperlichen Einsatz und laute Maschinen – für wahre GaLaBau-Profis kein Problem.

Das fällt auf im Reservat

Die Website zeigt farbenfrohe Gestaltung und ungewöhnliche Gärten. Dort ist allen Teammitgliedern ein persönliches Porträt gewidmet, in dem ihre Stärken hervorgehoben werden. Auch die Arbeitszeitmodelle sind so flexibel wie möglich: So kommt eine Mitarbeiterin nur an einem Tag in der Woche, während andere Teil- oder Vollzeit arbeiten. Durch die gute Koordination im Büro funktioniert das System.

Perspektivwechsel: Ein geschickt platzierter Spiegel sorgt für einen Überraschungseffekt

Duales Studium: besser mit Vorkenntnissen

Wer länger als zwei Jahre durchhält, bleibt häufig dabei. Darum findet Jeremias es gut, wenn auch Azubis oder dual Studierende schon vor dem Ausbildungsstart Erfahrung gesammelt haben: „Gerade die Studierenden müssen viel Vorwissen mitbringen, damit sie das nötige Praxisverständnis haben. Wenn man gerade Abitur gemacht hat und während des Studiums nur zeitweise im Betrieb ist, ist die Zeit zu kurz, um Abläufe zu durchdringen. Darum empfehle ich oft erst eine Ausbildung, dann kann man im Anschluss auch den Meister machen.“

Um zu wenig Nachwuchs muss sich Das Reservat keine Sorgen machen, denn die Firma steht auf der Liste der Ausbildungsbetriebe bei der Peter-Lenné-Schule und der Berliner Hochschule für Technik (BTH) in Berlin. „Die Ansprüche an den Gartenbau steigen wie in anderen Handwerksbereichen immens, da ist es gut, unterschiedliche Ausbildungslevel im Unternehmen zu haben“, findet Harald Jeremias. So entstehe ein gutes Team.

Duale Ausbildungen im Gartenbau in Berlin

Die Peter-Lenné-Schule bietet eine studiengangintegrierende Berufsausbildung zur Gärtnerin/zum Gärtner mit der Fachrichtung GaLaBau. Anschließend besteht die Möglichkeit zum Studium an der Berliner Hochschule für Technik Berlin.

Peter-Lenné-Schule duale Ausbildungs- und Studiengänge

Gartenplanung und Kunst

Genau wie ein realistisches Berufsbild mag Harald Jeremias einen sachlichen Umgang mit der Verbindung Kunst und Garten: „Ganz banal besteht der direkte Bezug darin, dass Kunstwerke in die Gartengestaltung eingeplant werden.“ Der einzige Punkt, an dem er selbstverständlich eine Verbindung zwischen Bühnen und Gärten sieht: „Beides sind Kunsträume, die gestaltet werden müssen.“

Diese Räume plant Das Reservat für Bauträger, Kindergärten und vor allem Privatleute. Gerade bei Privatgärten entstehen Beziehungen zu den Eigentümerinnen und Eigentümern, die oft über Jahre wachsen. Die sorgsame Planung zu Beginn ist Jeremias extrem wichtig: „Wir wollen verstehen, was diese Menschen möchten. Die Ausgangssituation ist immer unterschiedlich, mal ist es ein eingewachsener Garten, mal steht nicht einmal das Haus. Sehr oft kann ein Kunde nicht genau formulieren, was er möchte. Da erfordert es viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung, um einen Garten zu realisieren, der die Wünsche passend zu den örtlichen Gegebenheiten umsetzt.“

Dabei gibt die nötige Infrastruktur wie Parkplätze, Zufahrten und weitere Grundausstattung die Ankerpunkte vor. „Natürlich muss die räumliche Struktur so sein, dass die Kundinnen und Kunden sich ungehindert bewegen können. Dafür muss die Anordnung der Sitzplätze stimmen, der Lichteinfall, die Blickrichtung. Manchmal kann man die Ausrichtung um 45 Grad drehen und erhält dadurch eine ganz neue Sichtachse mit spannenden neuen Räumen. Das ist immer wieder Thema.“

Ausführliche Beratungsgespräche schaffen langjährige Bindungen

„Ein Garten ist kein starres Ding.“

Dieser Garten war früher eine Werft. Zusammen mit den Eigentümern, einem Künstlerpaar, hat Harald Jeremias die Umgestaltung geplant. Aufgeschichtete Betonplatten und alte Kräne erzählen zwischen üppigen Sträuchern Industriegeschichte.

„Das Naturhafte und Organische liegt uns definitiv. Durch die aktuelle Klimasituation sind die Kund*innen sensibler geworden, sie möchten Energie und Wasser sparen. Auch darauf müssen wir die Gärten und Pflanzen anpassen. Oft entstehen im Herbst oder Frühjahr neue Ideen bei den Besitzerinnen und Besitzern, wenn die Büsche und Stauden hoch geworden sind oder wir im Frühjahr alles wieder herunterschneiden. So entstehen Bedürfnisse nach langfristigen Strukturen, die auch über die Vegetationsruhe tragen.“

Neben üblichen Pflege- und Gestaltungsaufgaben gibt es immer wieder auch Aufträge von Kunstschaffenden, Kunstsammler*innen oder Galerist*innen. Dazu passt Jeremias‘ eigener künstlerischer Hintergrund. So wie beim Garten eines Künstlerehepaars auf dem Gelände einer zurückgebauten Werft. Dort wurden Teile der Ruinen zu gestalterischen Elementen: „Das Konzept haben wir zusammen mit den Auftraggebern entwickelt. Heute sieht es sehr beeindruckend aus, wie sich die Pflanzen durch das Baumaterial ziehen. Damals haben wir Betonplatten mit dem Radlader aufgeschichtet, damit sie wirken wie die Eisschollen auf den Gemälden von Caspar David Friedrich. Es macht bis heute noch sehr viel Spaß, in dem Garten zu arbeiten.“

Langjährige Stammkundschaft ist typisch für Das Reservat. So wie mit der Zeit das Gefühl für einen Garten und ein Gelände wächst, so kann auch die Beziehung zum Gartenbaubetrieb wachsen. Schließlich ist die weniger gestaltungserfahrene Kundschaft froh, wenn Jeremias und sein Team die klaren Vorgaben machen. Wenn am Anfang ein paar Blickpunkte gesetzt sind, bekommt man ein erstes Gefühl für einen neuangelegten Garten. So entsteht schnell die richtige Stimmung.

Gravelgarden, Kunst und Villa: Die Kombination unterschiedlicher Elemente sorgt für Spannungsbögen.

„Ich versuche, der Kundschaft ein Wohlfühlpaket zu geben.“

Die beste Investition

Auch im Personalbereich ergeben sich im Firmenalltag immer wieder interessante Möglichkeiten: Seit einigen Monaten arbeitet Omar aus Afghanistan im Reservat. Nach zwei Jahren Flucht nach Europa hat er jetzt erstmals eine Perspektive. Harald Jeremias sieht das mit Freude: „Damit ermöglichen wir einem Menschen ein Leben in Sicherheit. Das Schönste wäre, wenn er den Beruf des Gärtners erlernen kann und seine Zukunft hier meistert. In diesen jungen Mann zu investieren, ist wirklich sinnvoll angelegtes Geld.“

Jeremias blickt offen in die Zukunft. „Ich bin immer froh, wenn jemand etwas findet, für das er brennt. So gut es geht versuche ich, die Hierarchien flach zu halten. Anfangs schätzen das manche vielleicht nicht so sehr, aber die sind dann oft noch nicht lange bei uns. Mir liegt viel daran, Interesse an unserem Berufsfeld zu wecken, das gehört zu meiner Arbeit dazu. Mein Wunsch wäre, dass sich aus dem Betrieb heraus eine Nachfolge entwickelt: Vielleicht übernimmt eine junge Kollegin oder ein junger Kollege eines Tages das Zepter?“

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Autorin: Britta Freith

Fotos: Martin Rottenkolber

Carsten Peters2023-06-06T12:12:15+02:00
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