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Der Inhaber von „Gartenhof Küsters“ in Neuss, Benjamin Küsters, sieht in seinem Gegenüber nicht nur die Bewerberin, den Azubi, die Mitarbeiterin oder auch den Kunden, sondern immer zunächst den Menschen. Er ist neugierig, kann gut zuhören und erfährt so immer wieder Neues. Diese Einstellung ist auch die perfekte Basis für ein außergewöhnliches Ausbildungskonzept.

Benjamin Küsters vom Gartenhof Küsters in Neuss ist oft und gerne in Schulen zu Gast, um den Beruf des Landschaftsgärtners vorzustellen. In 21 weiterführenden Schulen und vier Flüchtlingsschulen besucht er verschiedene Klassen und Jahrgangsstufen, unterhält sich mit den Schülern und erfährt, was ihnen auf den Nägeln brennt. Dass er als Inhaber diese Besuche persönlich macht, zeigt, wie wichtig sie ihm sind: „Ich finde es spannend, mich mit den Schülern auszutauschen. Ich sage ihnen immer: ‚Die 1,5 Stunden gehören euch. Ich erzähle gerne etwas über den Beruf, wir können aber auch ganz andere Themen besprechen.‘ Und das ist dann manchmal die Bewerbungsmappe, manchmal der Klimawandel, da bin ich völlig offen. Und die Schüler merken: Da ist ein Mensch, der mir ganz ehrlich meine Fragen beantwortet und an mir interessiert ist.“

„Ich finde es spannend, mich mit Schülern auszutauschen.“

Benjamin Küstes von Gartenhof Küsters

Benjamin Küsters ist der Inhaber von „Gartenhof Küsters“ in Neuss und informiert oft in Schulen über den Beruf des Landschaftsgärtners.

Mit dieser Aufgeschlossenheit gegenüber anderen führt Küsters auch seinen Betrieb. „Der Schlüssel ist, sich für das Gegenüber zu interessieren. Dann findet man für alles eine Lösung“, sagt er mit Überzeugung. Ganz sicher ist es der Schlüssel für ein gutes Betriebsklima – und für eine äußerst erfolgreiche Ausbildung: Im Gartenhof Küsters trifft man stets 18 Auszubildende an, darunter immer wieder Jahrgangsbeste. Bei der Auswahl der Auszubildenden ist dem Inhaber wichtig, dass sie ins Team passen, und nicht, dass sie eine im konventionellen Sinne erfolgreiche Schullaufbahn hinter sich haben. Studienabbrecher nimmt Küsters sogar besonders gerne. „Das sind tolle Menschen“, sagt er. „Wenn sie eine erste Negativerfahrung gemacht haben, darüber reflektiert haben und sich dann sehr bewusst für die Ausbildung entscheiden, laufen sie meist wie von selbst.“ Natürlich sind Menschen mit fertigem Schulabschluss aller Schulformen ebenso willkommen. Unter den Auszubildenden waren sogar schon eine studierte Biologin und ein promovierter Chemiker, die sich nach einer sinnstiftenden praktischen Tätigkeit sehnten.

Benjamin Küstes mit Azubis

Bei der Auswahl der Auszubildenden ist es Benjamin Küsters wichtig, dass sie ins Team passen, und nicht, dass sie eine im konventionellen Sinne erfolgreiche Schullaufbahn hinter sich haben.

„Der Schlüssel ist, sich für das Gegenüber zu interessieren. Dann findet man für alles eine Lösung.“

Den eigenen Weg finden

Viele junge Menschen müssen sich vor dem Berufseinstieg erst einmal orientieren, einige Fragen für sich klären, und Küsters unterstützt sie gerne dabei. Er hilft ihnen zum Beispiel herauszufianden, ob die Ausbildung der richtige Weg für sie ist und welche Perspektiven sich danach eröffnen. „Wenn sie das gut herausgearbeitet haben, dann haben sie eine ungemein hohe Eigenmotivation“, berichtet er. „Meinem Team und mir macht es daher Freude, gemeinsam mit den jungen Leuten an ihren Lebenszielen zu arbeiten. Und wir entwickeln uns dadurch auch weiter.“

Küsters beobachtet, dass Menschen je nach Hintergrund oft ganz unterschiedliche Erwartungen und Fragen haben. Viele Hauptschulabsolventen seien froh, überhaupt eine Ausbildung zu finden und positiv aufgenommen zu werden, erzählt er. Das zeige, wie wenig Selbstbewusstsein ihnen das derzeitige Schulsystem vermittelt. „Es ist ein Verbrechen, das wir als Gesellschaft an diesen jungen Menschen verüben“, sagt er mit Nachdruck. In seinem Betrieb finden die jungen Erwachsenen, was sie oft lange vermisst haben: eine Gemeinschaft, in der sie sich zugehörig und ernstgenommen fühlen, und eine sichere berufliche Perspektive – angefangen damit, dass alle Auszubildenden eine Übernahmegarantie erhalten.

Abiturienten kommen mit ganz anderen Fragen in den Betrieb als Hauptschüler, da sie durch Ihr soziales Umfeld oftmals anders geprägt wurden und in der Regel noch keine einschneidenden negativen Erlebnisse hatten, so Küsters Erfahrung. Die meisten sehen die Ausbildung als Zwischenstation, legen dabei aber Wert auf einen guten Ausbildungsbetrieb. „Ich finde das super!“, betont der Unternehmer, wohl wissend, dass das nicht jeder sagen würde. „Gegen Abiturienten, speziell gegen die Mädchen unter ihnen, gibt es immer noch Vorbehalte, eben weil man davon ausgeht, dass sie nach der Lehre studieren. Ich finde dagegen: Besser kann’s nicht gehen! Ich habe zwei Jahre lang einen super Azubi, der weiß, wo er hin will. Und wenn er oder sie danach studiert und in ein Planungsbüro geht oder Bauleiterin in einem befreundeten Betrieb wird, dann habe ich überall tolle Kontakte und Kolleginnen.“ Er bleibt mit vielen Ehemaligen in Verbindung, zum Nutzen beider.

„Gegen Abiturienten, speziell gegen die Mädchen unter ihnen, gibt es immer noch Vorbehalte, eben weil man davon ausgeht, dass sie nach der Lehre studieren. Ich finde dagegen: Besser kann’s nicht gehen.“

Benjamin Küsters mit Auszubildende

Hauptsache echt

Benjamin Küsters erzählt eine Anekdote, die die Offenheit des Betriebs gegenüber den unterschiedlichsten Bewerbern charmant auf den Punkt bringt: Eine junge Frau erschien ausgesprochen adrett zum Vorstellungsgespräch, eher wie für die Bewerbung in einer Bank als im GaLaBau gekleidet. Das Gespräch verlief schleppend – bis es auf das Thema Hobbys kam. Es stellte sich heraus, dass die Bewerberin begeisterte Musikliebhaberin und Mitglied der Gothic-Szene war. Da sie mit ihrem etwas ungewöhnlichen Äußeren ein paar Mal angeeckt war, vermied sie es in Situationen wie dieser mittlerweile, ihre Szenezugehörigkeit nach außen zu kehren. Benjamin Küsters bot ihr einen zweiten Vorstellungstermin an, an dem sie so kommen sollte, wie sie sich wirklich wohlfühlt. Und tatsächlich: 14 Tage später erschien sie in schwarzer Kleidung und als Goth geschminkt. „Es war gleich ein ganz anderes Gespräch, total locker“, schmunzelt Küsters. „Wir haben uns lange unterhalten, aber schon nach 10 Minuten war mir klar, dass ich ihr einen Ausbildungsplatz anbieten wollte. Sie war ehrlich, hatte eine tolle Persönlichkeit und passte einfach zu uns.“ Dieser Eindruck bestätigte sich: Die junge Frau kam sowohl im Team als auch bei den Kunden hervorragend an. Heute studiert sie und arbeitet in einem befreundeten Betrieb – nach wie vor in schwarzer Gothic-Kleidung.

Eine ganz andere Erfahrung machte Küsters mit einem Bewerber, der im Vorstellungsgespräch „keine drei Worte herausbrachte“. „Es war zäh“, erinnert er sich. „Aber an der Bewerbung hingen zwei Gartenpläne, die richtig toll waren, und danach haben wir ihn gefragt.“ Es kam heraus, dass der junge Mann eine neue Gestaltung für den Garten seiner Großeltern entwickelt hatte. Noch während des Gesprächs kamen ihm spontan weitere Ideen dazu, die seine Gesprächspartner von ihm überzeugten. „Er ist ein Unikat und spricht bis heute nur wenig, ist aber total klar in dem, was er will“, so Küsters. Mittlerweile hat der damalige Bewerber die Technikerschule abgeschlossen und fängt demnächst als Baustellenleiter im Gartenhof Küsters an.

Ganz offensichtlich können sich also Menschen ganz unterschiedlichen Temperaments hier wohlfühlen. „Ich suche nicht unbedingt nach ungewöhnlichen Menschen“, erklärt der Unternehmer. „Vielmehr zeigt sich, dass jeder etwas Eigenes mit einbringt.“ Im Vorstellungsgespräch sind ihm zwei Fragen besonders wichtig: Würde ich diesen Menschen alleine zum Kunden schicken, d.h. ist er sympathisch, engagiert und zuverlässig? Und: Würde ich mit ihm oder ihr abends einen trinken gehen? „Ich möchte mich ja darauf freuen können, diesen Menschen jeden Tag zu sehen!“

Küters im Firmengelänge

„Ich suche nicht unbedingt nach ungewöhnlichen Menschen. Vielmehr zeigt sich, dass jeder etwas Eigenes mit einbringt.“

Ungewöhnliches Ausbildungskonzept

Diese Auswahlkriterien scheinen sich bestens zu bewähren. Ebenso wie das Ausbildungskonzept, an dessen Ausarbeitung die Auszubildenden selbst beteiligt waren. Grundlegende Ansprüche darin sind, „zu fördern und zu fordern“ und „Erwachsenenbildung zu betreiben“. Zum Fördern und Fordern gehört zum Beispiel, dass alle Azubis reichlich Nachhilfe und Seminare belegen können, davon vier Wochen pro Jahr im Ausland. In der Wahl sind sie völlig frei, es kann sich ebenso um eine Erasmustour wie um einen Monat in einem neuseeländischen Betrieb handeln. Voraussetzung ist allerdings, dass sie ihre Fortbildung selbst aussuchen, damit auf ihren Chef zugehen und ihre Wahl begründen. Für einige ist das nicht ganz einfach und somit eine gute Übung.

Mit „Erwachsenenbildung“ ist gemeint, dass alle als Erwachsene behandelt werden, auch wenn sie schon mit 16 in die Ausbildung kommen. Das bedeutet nicht zuletzt, die Verantwortung für das eigene Handeln bei jedem einzelnen zu belassen, mit allen Konsequenzen. „Ich sage immer: ‚Mir ist völlig egal, ob ihr Hausaufgaben gemacht habt oder die Prüfung schafft. Ihr kriegt von uns alles, was ihr braucht, aber ich werde euch nicht belästigen.‘“, erzählt Küsters. „Es ist die freie Entscheidung eines jeden, ich sehe nicht ein, persönlich Stress damit zu haben.“ Diese Haltung empfiehlt er auch anderen Ausbildern: „Nehmt es doch einfach mal nicht persönlich! Dadurch ist es viel stressfreier für alle.“

Bei der Ausarbeitung des Ausbildungskonzepts waren die Auszubildenden selbst beteiligt.

Baustelle Küsters

Das Prinzip funktioniert sogar, wenn es ein Azubi des Gartenhofs so auf die Spitze treibt, dass er eigentlich entlassen werden müsste. Dann fordert ihn Benjamin Küsters dazu auf, eine Person im Betrieb zu finden, die sich für ihn verbürgt, damit sei alles gut. Wenn der Auszubildende merkt, dass sich niemand findet, denkt er oder sie in der Regel ernsthaft über sich nach. „Wer dazu nicht bereit ist, ist hier ohnehin falsch. Es geht mir darum, dem Betroffenen, ohne mit dem Finger zu zeigen, die Konsequenzen und seine eigene Verantwortung nahezubringen; also deutlich zu machen, was sein Verhalten für die anderen bedeutet“, erläutert der Inhaber.

Dieses Für-voll-genommen-Werden eröffnet zahlreiche Möglichkeiten und Freiheiten. Beispielsweise werden die Auftritte des Betriebs auf Berufsmessen von den Azubis selbst bestritten: Sie denken sich eigene Konzepte dafür aus, betreuen den Messestand, führen dort gute Gespräche und sammeln viele neue Erfahrungen. Ein weiteres beeindruckendes Beispiel für Selbstständigkeit ist eine Auszubildende, die mit Begeisterung den Girls‘ Day und ähnliche Events im Betrieb organisiert. Die Veranstaltungen kommen so gut an, dass sich hinterher viele Bewerber darauf beziehen.

„Wir müssen die Menschen in die Lage versetzen, selbst Entscheidungen zu treffen, ihnen die nötigen Kompetenzen und die passende Verantwortung mitgeben. Gleichzeitig dürfen wir sie aber auch nicht überfordern“, erklärt Küsters sein Konzept. Kompetenzen zu vermitteln, gelingt ihm unter anderem dadurch, dass er die jungen Menschen teilhaben lässt, wenn Entscheidungen getroffen werden. Und dadurch, dass er viel Raum für Austausch im Betrieb schafft, auch wenn das bei 130 Mitarbeitern nicht leicht zu organisieren ist.

Gartenhof Küsters

Der „Gartenhof Küsters“ in Neuss.

„Wir müssen die Menschen in die Lage versetzen, selbst Entscheidungen zu treffen.“

Lange Tradition in Nachhaltigkeit und Verbandsarbeit

Die gute Ausbildung ist eine der Spezialitäten des Gartenhof Küsters. Eine andere ist die Nachhaltigkeit: Das Unternehmen betreibt ein eigenes Regenwassermanagement, strebt an, CO2-neutral zu werden, rüstet, wo es geht, auf Hybridfahrzeuge um, bietet E-Bike-Leasing für Mitarbeiter und ihre Angehörigen an und vieles mehr. Zum ganzheitlichen Ansatz gehört auch, Schulgärten zu unterstützen und die Kunden in Richtung umweltfreundlicher Materialien zu beraten. Der Gartenhof Küsters ist zudem Nachhaltigkeitsbotschafter für das Wirtschaftsministerium NRW, steht also anderen Betrieben zur Seite, die sich für das Thema interessieren.

Schon Benjamin Küsters Vater, Werner Küsters, der den Betrieb 1964 gründete und bis 2012 führte, engagierte sich für Nachhaltigkeit, doch „en vogue“ sei das Thema aufgrund des Klimawandels erst in den letzten Jahren, erklärt der Sohn. Heute sprechen sowohl Kunden als auch Bewerber das Thema zunehmend von sich aus an.

„Es ist wichtig, andere Unternehmer nicht nur als Konkurrenten wahrzunehmen, sondern als Menschen. Deshalb ist Verbandsarbeit so klasse.“

Werner und Benjamin Küsters

Werner Küsters gründete den Betrieb 1964. Seit 2012 führt Sohn Benjamin die Geschäfte.

Als Unternehmenstradition könnte man auch das Engagement im Verband beschreiben: Werner Küsters war von 1997 bis 2005 Präsident des Bundesverbands, Benjamin Küsters ist seit 2014 Mitglied des Präsidiums im Landesverband NRW. Der Funke ist vom Vater auf den Sohn übergesprungen: „Es ist wichtig, andere Unternehmer nicht nur als Konkurrenten wahrzunehmen, sondern als Menschen. Deshalb ist Verbandsarbeit so klasse“, schwärmt Letzterer. „Mir macht es total Spaß, etwas über die Spezialisierungen und Erfahrungen der anderen zu hören. Es ist ein großer Vorteil, den eigenen Betrieb auch mal von außen zu sehen. Dann merkt man: Es gibt nicht die eine Wahrheit, denn alle Betriebe und alle Mitarbeiter sind verschieden. Inspirierend ist auch, den größeren Zusammenhang zu sehen und zum Beispiel zu erfahren, welche Probleme Politiker oder Zulieferer haben.“

Der Verband ist in Benjamin Küsters Worten „eine starke Truppe“ und „eine richtige Familie“. Und umgekehrt bereichert der Gartenhof Küsters immer wieder den Austausch im Verband.

http://www.gartenhof-kuesters.de/

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Veröffentlicht am 16.07.2020
Marco Wolpert2021-07-16T15:04:03+02:00
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