BGL-Bildungspreis: „Die Qualität der Auszubildenden war noch nie so hoch wie jetzt“

Fachkräftemangel? Für Johannes Telaar ist das kein Thema. Sein GaLaBau-Betrieb Garten Grandiflora erhält etliche hochqualifizierte Bewerbungen, auch im Ausbildungsbereich. Bei dem Bocholter Unternehmen fragen junge Menschen aus ganz Deutschland an. Dabei verlangt Telaar seinen Mitarbeiter*innen viel ab. Kein Widerspruch: Vielmehr scheint genau darin sein Erfolgsrezept zu liegen. 

Wenn man Johannes Telaar zuhört, fällt sofort seine optimistische Grundhaltung auf. Ein schwieriges Projekt sieht er gerne als Herausforderung. Die Zukunft der Branche ist nicht rosig, weil es an guten Fachkräften mangelt? Da setzt der 35-Jährige auf neue Strategien: „Wir müssen lernen, den passenden Schlüssel für unsere Zukunft zu finden.“ Mit Klagen über Mitarbeiter*innen, die nur auf die Uhr schielten, um pünktlich Feierabend machen zu können, hält er sich nicht auf. Stattdessen fragt er sich, was seine Teammitglieder motiviert und wie er sie dazu bringt, eigenständig Ziele zu verfolgen.

Vertrauen, Ehrlichkeit und Spaß: die Unternehmensphilosophie von Garten Grandiflora

Zudem müsse man überlieferte Werte öfter mal auf ihre aktuelle Gültigkeit überprüfen, so Telaar. Denn heute haben Freizeit und eine gesunde Work-Life-Balance einen höheren Stellenwert. „Wir haben eine Mitarbeiterin, die donnerstags und freitags lieber Zeit für sich haben möchte. Solchen Wünschen sollte man offen begegnen, statt sie mit einem negativen Stempel zu versehen“, empfiehlt er.

„Vertrauen“ ist das Wort, das Johannes Telaar besonders häufig verwendet. Gefolgt von dem Wort „wir“. Bei Garten Grandiflora gebe es nur die Wir-Perspektive, eine One-Man-Show habe ihn nie interessiert. Seit seiner Gründung 2011 ist der Betrieb kräftig gewachsen: 2015 stieg David Zimmermann als Mitgesellschafter und Geschäftsführer bei Garten Grandiflora ein. Inzwischen sind aus der Firma vier Töchter hervorgegangen. Was auch damit zu tun hat, dass Verantwortungsbereiche teils ausgelagert werden. Neben dem GaLaBau-Betrieb existieren die eigene Marketingagentur EinfachMachen UG mit eigens entwickelter App zur Content-Gewinnung, das Startup planbar GmbH für Auftrags – und Mitarbeiterplanung inklusive Zeiterfassung und Auftragsmanagement sowie das Systemhaus IT Werk GmbH. Eine auf Dach- und Fassadengrün spezialisierte Firma befindet sich in der Gründung.

„Die One-Man-Show hat mich nie interessiert.“

Johannes Telaar und Mitgesellschafter David Zimmermann

Johannes Telaar und Mitgesellschafter David Zimmermann, der auch zweiter Geschäftsführer bei Garten Grandiflora sowie fester Partner bei allen weiteren Geschäftsaktivitäten ist.

Diversität im Team ist wichtig

Zum Gärtnerberuf inspiriert wurde Johannes Telaar bereits in jungen Jahren – von einem Landschaftsgärtner auf einer Baustelle beim Nachbarn. Zudem begeisterte ihn die Aussicht, nicht nur mit Pflanzen und Steinen, sondern auch mit Menschen zu tun zu haben. Nach der klassischen Ausbildung zum Landschaftsgärtner absolvierte er in Essen die Meisterschule. Anschließend kaufte er zusammen mit einem Kollegen Anhänger und Spaten, und sie wagten gemeinsam den Schritt in die Selbstständigkeit. Da war er Anfang 20 und träumte von einem jungen, dynamischen Team. Und genau das hat er heute.

Aktuell beschäftigt sein Betrieb rund 35 Mitarbeiter*innen, davon sieben Auszubildende. Zum Team gehören sechs Frauen, zwei Menschen mit Handicap sowie Fachkräfte aus anderen Branchen, etwa ein Schreiner. „Wir konzentrieren uns nicht auf die Nachteile, sondern immer auf die Vorteile. Und die setzen wir dann bewusst ein“, sagt Johannes Telaar. „Frauen werden gern öfter in Gärten kreativ. Und sie finden in schwierigen Kommunikationssituationen häufig schneller den richtigen Ton.“ Allerdings gibt es keine Frauenquote bei Garten Grandiflora.

Team Garten Grandiflora in Aktion

Johannes Telaar setzt bei seinem Team auf Vertrauen und Eigenverantwortung

Johannes Telaar: „Wir konzentrieren uns nicht auf die Nachteile, sondern immer auf die Vorteile. Und die setzen wir dann bewusst ein.“

Social Media als Fachkräfte-Magnet

Garten Grandiflora erhält viele qualifizierte Bewerbungen, auch im Ausbildungsbereich. Dass diese aus ganz Deutschland eintreffen, hängt sicher auch mit den aktiv bespielten Social-Media-Kanälen zusammen. Dafür nutzt Telaar die eigene Marketingagentur, die neben klassischen Printprodukten auch die Social-Media-Kanäle betreut. Hier werden Garten- und Recruitingthemen locker und authentisch vermittelt. Zudem ist dort eine ehemalige Mitarbeiterin am Ruder. Neu ist der TikTok-Account. Hier sind für den Content ausschließlich Azubis zuständig. „Seid mutig, frech und auch mal provokant“, gab ihnen der Chef mit auf den Weg und freut sich über ihren Ideenreichtum. „Natürlich muss man sich vorher darüber verständigen, welche Vorstellung man jeweils hat und wo Grenzen liegen.“

„Wir wollen uns in den Bereichen zeigen, wo sich unsere Mitarbeiter*innen von morgen aufhalten.“

Garten Grandiflora hat eine wachsende Community bei Facebook, Instagram und Twitter.

Eigene Softwarelösungen erleichtern den Workflow

Um den Umgang mit Bildmaterial bei der Contentgewinnung zu unterstützen, hat Telaars Team eine eigene App entwickelt. Dabei handelt es sich nicht um das erste eigens entwickelte Tool. Als Excel-Tabellen und Magnetwände für die Organisation des gewachsenen Teams nicht mehr ausreichten, wurde die Planung digitalisiert und ein Startup gegründet, um eine eigene Planungs- und Mitarbeitersoftware zu entwickeln. Inzwischen kommt die Software nicht nur bei anderen GaLaBau-Betrieben zum Einsatz, sondern auch bei vielen anderen Handwerksbetrieben wie Schreinereien, Elektro- und Dachdeckerbetrieben.

BGL-Bildungspreis 2022 – bei Grandiflora ein Spitzenjahrgang

„Wir wollen uns in den Bereichen zeigen, wo sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von morgen aufhalten“, begründet Johannes Telaar seine Social-Media-Aktivitäten. Man wolle die Berufsbilder veranschaulichen und beeindruckende Ergebnisse teilen. „Gute Leute ziehen gute Leute an“, weiß er aus Erfahrung. Dass einer seiner Auszubildenden 2022 mit dem BGL-Bildungspreis ausgezeichnet wurde, bestätigt Telaar auf seinem Weg: viel fördern, aber auch fordern. So hat er in diesem Jahrgang drei Einser-Kandidat*innen zur Prüfung führen können. „Wenn man am Ende die eigene DNA in den von den Azubis gestalteten Gärten wiederfindet, erfüllt einen das auch mit Stolz.“ Sein anfängliches Ziel, fünf Auszubildende pro Jahr einzustellen, hat er noch nicht erreicht. Immerhin sind es in diesem Jahr vier. Denn ein hoher Qualitätsanspruch bedeute auch ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit für die Auszubildenden. Aber: „Die Qualität der Auszubildenden war noch nie so hoch wie jetzt“, bekräftigt Johannes Telaar.

Johannes Telaar mit Azubis, etwas erklärend

Gute Anleitung ist wichtig: Johannes Telaar und sein Team engagieren sich auch bei den Abschluss- und Meisterprüfungen im Prüfungsausschuss.

„Viel fördern, aber auch fordern.“

In die Ausbildung zu investieren, heißt, in die eigene Zukunft zu investieren

Einige seiner Auszubildenden haben sich anschließend schnell in Teamleitungen entwickelt. „Wir sind auch risikobereit und übertragen Verantwortung“, sagt Telaar. „Denn statt als Chef im Vordergrund zu stehen, wollen wir die Themen im Vordergrund sehen. Deshalb bleiben wir bewusst breit aufgestellt. Jedes Teammitglied hat einen Bereich, in dem es sich frei entfalten kann.“ Je früher man Azubis in Ziele und Visionen einbinde, umso schneller könnten sich diese auf einen Bereich konzentrieren.

Gerade wird eine weitere Firma mit Schwerpunkt Dach- und Fassadenbegrünung gegründet. Deren Geschäftsleitung soll der Gewinner des BGL-Bildungspreises mit übernehmen. Schließlich ist auch das Teil der Gesamtvision: Viel Kompetenz unter einem Dach versammeln und Synergieeffekte nutzen. Mit der Dach- und Fassadenbegrünung greift Garten Grandiflora einen aktuellen Trend auf. „Das Thema findet gerade viel Anklang. Wir hoffen, dass wir dazu beitragen können, Städte grüner und nachhaltiger für die nächste Generation zu machen.“

„Wenn man am Ende die eigene DNA in den von den Azubis gestalteten Gärten wiederfindet, erfüllt einen das auch mit Stolz.“

BGL-Bildungspreis

Der BGL-Bildungspreis würdigt engagierte Nachwuchskräfte, die sich durch sehr gute
Leistungen in der beruflichen Aus- oder Weiterbildung sowie über ihren starken Einsatz
für den landschaftsgärtnerischen Berufsstand auszeichnen. Seit 2016 wird der Award jährlich vergeben, als Anreiz und Anerkennung für Berufsanfänger*innen und junge Fachkräfte. Die Gewinner*innen erhalten jeweils 1.000 Euro Preisgeld und einen Bildungsgutschein im Wert von 1.500 Euro. 2022 war der Auszubildende Jannis Schmeing von Garten Grandiflora unter den sechs Gewinner*innen.

www.bgl-bildungspreis.de

Ausbildungspreis der Landschaftsgärtner NRW 2023

Garten Grandiflora erhielt in diesem Jahr den Ausbildungspreis der Landschaftsgärtner, der vom Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW e. V. (VGL) seit 2011 an Betriebe vergeben wird, die sich besonders für die Ausbildung junger Nachwuchskräfte einsetzen.

Frank Linneweber, Vizepräsident des VGL NRW, sagte in seiner Laudatio: „Wir sind dankbar für das leidenschaftliche Engagement von Garten Grandiflora, um dem so dringend benötigten Nachwuchs eine bestmögliche Ausbildung in unserem schönen Beruf zu ermöglichen.“ Hier geht's zur Pressemeldung des VGL: Kamingespräche 2023

Mehr Infos zum Ausbildungspreis: Ausbildungspreis der Landschaftsgärtner NRW

Autorin: Conny Frühauf

Fotos: (wenn nicht anders angegeben) Martin Rottenkolber

Carsten Peters2024-01-08T12:54:35+01:00
Nach oben