„Wer hier Kollege wird, kann Mitunternehmer werden!“ – Innovatives Beteiligungsmodell gegen den Fachkräftemangel
Was als Ein-Mann-Betrieb begann, hat sich über vier Jahrzehnte zu einem etablierten Mittelständler im Garten- und Landschaftsbau entwickelt: Die Quathamer GmbH aus dem niedersächsischen Bad Zwischenahn hat heute rund 100 Beschäftigte und zählt zu den festen Größen im Bereich öffentlicher und gewerblicher Auftraggeber. Der Betrieb steht nicht nur für fachliche Qualität, sondern auch für eine klar definierte Unternehmenskultur und echte Innovationskraft.
Vom Heidegarten …
Die Geschichte des Betriebs beginnt 1983 mit der Selbstständigkeit von Wilfried Quathamer. Aus dem Nebenerwerb wird ein kleines Gartenbauunternehmen, spezialisiert auf Privatgärten – mit einer besonderen Vorliebe des Gründers für Heidepflanzen. Es folgt ein kontinuierliches Wachstum mit klarer Linie. Als Wilfried Quathamer im Jahr 2000 unerwartet verstirbt, übernehmen seine Ehefrau Ina Quathamer und Geschäftspartner Kurt-Egon Huntemann das Ruder. Die klassische Rollenverteilung prägt das Unternehmen bis heute: Technik und Bau inzwischen bei Markus Quathamer, dem Sohn des Gründers, der seit 2016 Geschäftsführer ist; Finanzen und Buchhaltung bei Mutter Ina.
… zum öffentlichen Großprojekt
Unter der Geschäftsführung von Markus Quathamer hat sich der Betrieb klar auf großflächige öffentliche und gewerbliche Projekte ausgerichtet. „Wir arbeiten fast ausschließlich im Ausschreibungsgeschäft“, so Markus Quathamer. Diese strategische Fokussierung hat Struktur geschaffen – und Wachstum ermöglicht. Ein klares Profil war und ist dem Führungsteam wichtig. „Wir wollen nicht alles machen – aber das, was wir tun, machen wir richtig“, betont Markus Quathamer. Der überwiegende Rückzug aus dem Privatkundengeschäft war dabei ein konsequenter Schritt. Stattdessen: Fokus auf Vegetationsflächenpflege, Winterdienst, Baumpflegearbeiten und Infrastrukturprojekte. Der Maschinenpark, die eigene Werkstatt, eine moderne Logistik und ein neu errichtetes Bürogebäude bilden heute das Rückgrat eines durchorganisierten Betriebs.
Geschäftsführung mit Charakter
Markus Quathamer ist ein Chef, der Haltung zeigt – und zwar mit norddeutscher Klarheit: „Ich bin konsequent. Wer uns krumm kommt, bekommt ein Echo.“ Gleichzeitig lebt er ein familiäres Miteinander. Morgendlicher Kaffee mit dem Team, kurze Wege, flache Hierarchien. „Ich kenne 90 Prozent der Lebensumstände unserer Leute“, sagt er stolz. Die Unternehmenskultur? Offen, ehrlich, nahbar – und vor allem eins: menschlich. Rund 100 Mitarbeiter*innen arbeiten im Betrieb, viele von ihnen langjährig. Doch auch in Bad Zwischenahn spürt man, was die ganze Branche umtreibt: Fachkräfte werden rar, Auszubildende schwerer zu finden, gute Leute noch schwerer zu halten.
„Ich hatte die Idee schon lange im Kopf, aber erst durch den Austausch mit Kolleg*innen habe ich gemerkt, wie stark so ein Modell der Mitarbeiterbeteiligung tatsächlich wirken kann.“
Rund 100 Mitarbeiter*innen arbeiten im Betrieb, viele von ihnen langjährig.
Die Idee: Beteiligung schafft Bindung
Die Antwort darauf ist mutig, durchdacht und ein echtes Alleinstellungsmerkmal: Die Gründung einer Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft – der Quathamer Team GmbH & Co. KG. Das ist ein Beteiligungsmodell, bei dem Mitarbeiter*innen Miteigentümer*innen eines eigenen Geräteparks werden können – ohne finanzielles Risiko. „Ich hatte die Idee schon lange im Kopf, aber erst durch den Austausch mit Kolleg*innen habe ich gemerkt, wie stark so ein Modell tatsächlich wirken kann“, sagt Markus Quathamer. Initiiert wurde der Prozess durch einen Vortrag bei einem ERFA-Austausch (Gruppe für Erfahrungsaustausch) mit anderen Unternehmer*innen, später folgten Gespräche mit Banken, Steuerberater*innen und Mitarbeiter*innen. Am Ende stand ein klarer Entschluss: Wer Teil des Teams ist, kann auch Mitunternehmer*in werden.
Wie funktioniert das Modell?
Beschäftigte, die mindestens drei Jahre im Unternehmen sind, können sich mit einem zinsfreien Darlehen der Quathamer GmbH in Höhe von 2.500 Euro an der Team GmbH beteiligen. Dieses Darlehen wird über Gewinnausschüttungen zurückgeführt – niemand muss eigenes Geld mitbringen oder sich verschulden. Wer möchte, kann natürlich den Betrag auch aus privaten Mitteln einbringen und auf bis zu 5.000 Euro aufstocken.
Die Team GmbH hält ausgewählte Maschinen und Geräte und vermietet diese exklusiv an die Quathamer GmbH – zu marktüblichen Konditionen. Der Gewinn aus diesem Vermietgeschäft wird wiederum an die Beteiligten ausgeschüttet. Im Erfolgsfall profitieren alle Mitgesellschafter*innen – im Misserfolg haften sie nur mit ihrem eingebrachten Anteil. Eine automatische Beteiligung an stillen Reserven wie Verkehrswerten von Maschinen bei Austritt ist ebenfalls vorgesehen. „Wir wollten ein System schaffen, das auf Wertschätzung basiert – und das spürbar ist, auch finanziell“, so Quathamer. Heute sind 40 der rund 100 Mitarbeiter*innen beteiligt. „Das sind 40 Personalprobleme weniger“, sagt er – nicht ohne norddeutschen Humor, aber mit großer Ernsthaftigkeit.
Mehr als Geld: Stolz, Verantwortung, Identifikation
Die Wirkung zeigt sich nicht nur auf dem Papier. Die Beteiligung verändert die Kultur: Mitarbeiter*innen achten stärker auf Maschinen, auf Wartung und Zustand. Sie sprechen Missstände untereinander an, organisieren sich, übernehmen Verantwortung – weil sie selbst einen Teil des Ganzen repräsentieren. „Das Feedback ist eindeutig: Das Modell funktioniert“, sagt Quathamer. Konflikte? Gibt es. Aber sie werden auf Augenhöhe gelöst. Eine interne Prokuristin, gewählt vom Team, überwacht die Prozesse gemeinsam mit dem Geschäftsführer – denn Transparenz ist zentraler Bestandteil des Konzepts.
Gelebte Unternehmenskultur
Auch über das Beteiligungsmodell hinaus ist bei Quathamer viel in Bewegung. Das neue Bürogebäude wurde nicht einfach „für die Geschäftsleitung“ geplant, sondern mit dem Team gemeinsam. Ein Trocknungsraum für Kleidung, Kickertisch, Tischtennis, großzügige Sozialräume, Gesundheitsmanagement mit eigenem Physio-Angebot – vieles davon entstand auf Wunsch des Teams. Arbeitszeiten sind flexibel, je nach Kolonne und Lebensmodell. Ein Vorarbeiter geht beispielsweise früher, um seine Kinder abzuholen. Bürozeiten werden individuell geregelt. Das Arbeitsergebnis zählt mehr als die Präsenzzeit.
Nachwuchs fördern – mit Perspektive
Die Ausbildung ist ein weiteres zentrales Thema. Pro Lehrjahr starten drei neue Auszubildende im GaLaBau, dazu kommen immer wieder Auszubildende im Bereich Büromanagement. Wer möchte, wird übernommen – wenn möglich. Wer studieren möchte, wird unterstützt. Und auch in der Prüfungsvorbereitung und im Prüfungsausschuss sind Quathamer und seine Bauleiter*innen aktiv: „Ich halte das für einen ganz wesentlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung“, sagt er.
„Auch die Beteiligung an der Team GmbH ist für unsere Azubis zugänglich – die Ausbildungszeit wird zu 50 Prozent auf die Wartezeit angerechnet.“ Damit schafft Quathamer nicht nur ein Anreizsystem, sondern eine echte Perspektive. Denn: Die stille Beteiligung wächst mit – und kann am Ende der Berufslaufbahn einen spürbaren Beitrag zur Altersvorsorge leisten.
Das neue Bürogebäude wurde nicht einfach „für die Geschäftsleitung“ geplant, sondern mit dem Team gemeinsam.
Alleinstellungsmerkmal mit Wirkung
Die Quathamer Team GmbH & Co. KG ist kein Marketing-Gag, sondern eine langfristige Strategie. Sie schafft Identifikation, Verlässlichkeit und eine neue Form des Unternehmertums – innerhalb eines Angestelltenverhältnisses. In Zeiten, in denen Bewerber*innen kritisch abwägen und gute Leute längst nicht mehr nur wegen des Gehalts bleiben, zeigt das Unternehmen: Wertschätzung und Wir-Gefühkl kann man gestalten. Nicht mit Tischkickern allein, sondern mit echter Verantwortung, Teilhabe und Vertrauen. „Wir wollen Menschen nicht nur beschäftigen – wir wollen sie mitnehmen“, sagt Markus Quathamer. Und das ist ihm gelungen.
Autorin: Kim Lüftner
Fotos: Martin Rottenkolber