Weißer Hautkrebs: Berufskrankheit Nr. 1 im GaLaBau

Risiken, Schutz und Vorsorge/Neue App der SVLFG

Weißer Hautkrebs ist die Berufskrankheit Nummer 1 im GaLaBau. Höchste Zeit für einen Beitrag dazu, wie die Betriebe im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau ihre Beschäftigten vor krankmachenden Schäden durch Hitze und UV-Strahlen am besten schützen. Reinhold Watzele, Präventionsexperte bei der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), gibt Einblick in aktuelle Entwicklungen, die größten Risiken und wirkungsvolle Schutzmaßnahmen – und (neue) Vorsorge-Angebote der SVLFG.

Herr Watzele, wo rangiert Hautkrebs unter den Berufskrankheiten im GaLaBau?

Reinhold Watzele: 53 Prozent aller bei uns angezeigten Berufskrankheiten sind Weißer Hautkrebs. Jede zweite Meldung aus dem GaLaBau ist also ein Fall von weißem Hautkrebs! Tendenz: steigend.

Seit 2015 ist der Weiße Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt. Seither besetzt er Platz 1 in der Baubranche allgemein und leider auch im GaLaBau. Das gilt über die gesamte Berufsgruppe hinweg …  denn fast alle Beschäftigten arbeiten ja im Freien. Und wer sich jahrelang bei der Arbeit mit freiem Oberkörper ungeschützt der Sonne aussetzt, der erhöht sein persönliches Hautkrebs-Risiko entsprechend: Damit steigt die Wahrscheinlichkeit zu erkranken.

„Hartnäckige, raue Stellen auf der Haut, Rötungen und Verschorfungen können Anzeichen für Weißen Hautkrebs sein.“

Schatten schützt

UV-Strahlung auf der Baustelle: Gesundheitsrisiko Nummer 1 im GaLaBau. Schatten schützt. (Foto: AuGaLa)

Weißer Hautkrebs – was ist denn das, welche Anzeichen gibt es dafür und was sind die genauen Ursachen?

Reinhold Watzele: Hartnäckige, raue Stellen auf der Haut, Rötungen und Verschorfungen können Anzeichen für Weißen Hautkrebs sein. Solche auffälligen Stellen nennt man in der medizinischen Fachsprache „aktinische Keratosen“. Sie können eine Vorstufe von Platten-Epithel-Karzinomen und damit dem Weißen Hautkrebs sein. Betroffen ist vor allem die Haut im Bereich des Kopfes. Das sind immer öfter keine normalen, altersbedingten Hautveränderungen. Jetzt heißt es: Schnell einen Hautarzttermin vereinbaren!

Weißer Hautkrebs wird – wie einige andere, bösartige Haut- und Augenschäden – durch die ungefilterte UV-Strahlung der Sonne verursacht. Wer seine Haut langfristig den Sonnenstrahlen aussetzt, begünstigt einen schleichenden Krankheitsverlauf über Jahre.

Diagnose: Weißer Hautkrebs. Was bedeutet sie für Betroffene?

Reinhold Watzele: Der Weiße Hautkrebs gilt zwar heute als gut behandelbar, denn er streut meist nicht. Doch wer erst spät tätig wird oder nichts tut, muss oft ein Stück Haut entfernen lassen. Je länger ich nichts unternehme, desto größer kann so ein Eingriff später bei mir werden. Oder es können sogar mehrere Operationen nötig werden.

Ganz konkret bedeutet das: Dann muss den Kranken ein Stück Nase, Ohr oder ein Teil von der Wange entfernt werden. Neben der Angst und den Schmerzen wirken sich solche Eingriffe natürlich auch kosmetisch-ästhetisch aus – nicht selten mit psychischen Folgen. Häufig wird anschließend auch noch eine plastisch-chirurgische Operation nötig, damit der Kranke nicht auf Dauer „entstellt“ ist.

Dabei lässt sich dieser lange Leidensweg durch konsequente Vorsorge vermeiden.

Kopf-Nackenschutz

Sonnenschutz für Kopf, Gesicht und Nacken: Ein Cap mit „Schirm“ und Nackenschutz bietet während der Arbeit guten Schutz vor Hitze und Hautschäden. (Foto: AuGaLa)

Ohne Schutz steigt das Risiko von Weißem Hautkrebs: „Dann muss (…) ein Stück Nase, Ohr oder Wange entfernt werden. (…) Häufig wird anschließend auch noch eine plastisch-chirurgische Operation nötig.“

Weißer und Schwarzer Hautkrebs

Hitzeperioden, lange und heiße Sommer – gleichzeitig verzeichnet die GaLaBau-Branche Auftragsrekorde. Wie schützen Betriebe ihre Beschäftigten auf der Baustelle vor Hitze und UV-Strahlung?

Reinhold Watzele: Auch durch den Klimawandel verschärfen sich die Arbeitsbedingungen auf den Baustellen, gerade im Sommer: Alles über 30 Grad belastet den Körper sehr, sehr stark.

Auch die Hitze selbst kann lebensgefährlich werden. Das gilt besonders für Menschen mit Übergewicht (Adipositas), Herz-Kreislauf-Beschwerden oder anderen chronischen Vorerkrankungen, zum Beispiel der Atemwege: Menschen mit einem Hitzschlag litten meistens vorher unter diesen Vorerkrankungen. Schattenplätze, Sonnencreme, die richtige Kleidung, genug Trinken und regelmäßige Pausen bieten Schutz vor Hitze und Sonnenstrahlen.

„Jeder Sonnenbrand erhöht das Hautkrebsrisiko.“

Betriebe sind hier klar in der Verantwortung. Als Chefin oder Chef muss ich mich fragen: Muss diese Arbeit zwingend zu dieser Zeit gemacht werden?

Jede Pause muss eine Schattenpause sein! Wenn es auf dem Acker oder der Baustelle keinen natürlichen Schatten gibt, dann müssen Betriebe künstlichen Schatten mitbringen, zum Beispiel als Zelt oder Sonnensegel. Und: Alle müssen trinken. Am besten ganz normales Wasser, das muss vor Ort zur Verfügung gestellt werden. Denn wenn ich Durst bekomme, dann ist das schon ein Alarmzeichen. Der Körper meldet sich nur, wenn ihm akut etwas fehlt.

Übrigens rechnet unsere neue Trinkstation für jeden Menschen den persönlichen Trinkbedarf aus. Wie viel Flüssigkeit braucht dieser Körper, um gesund und leistungsfähig zu bleiben? Dazu benötigen wir nur Gewicht, Größe, Alter. Das Ergebnis erstaunt viele: Denn da kann bei körperlich hart arbeitenden Menschen ein Trinkbedarf von 5 bis 6 Litern täglich herauskommen. Am besten verbindet man das Trinken mit Pausen und schafft sich „Eselsbrücken“, zum Beispiel: Immer wenn ich die Motorsäge tanke, muss ich auch tanken (=trinken).

Wasser Sonnencreme und Zelt

Starke Kombination gegen UV-Strahlung und Hitze: Schatten plus Sonnencreme plus Trinkwasser! (Foto: SVLFG)

„Immer wenn ich die Motorsäge tanke, muss ich auch tanken (=trinken).“

Sonnen- und UV-Schutz auf der Baustelle: 4 gefährliche Irrtümer

„Lass dich nicht verbrennen!“: Sonnenschutz-Aktion mit BGL und SVLFG

Im dritten Folgejahr unterstützen 2021 das AuGaLa, der BGL und die SVLFG mit einer Aktion angehende LandschaftsgärtnerInnen in den Mitgliedsbetrieben beim Thema Sonnenschutz. Mit dabei ist der Partner L’Oréal, der für ausbildungsumlagepflichtige Betriebe insgesamt 15.000 Tuben einer hochwertigen Sonnenschutzcreme mit Lichtschutzfaktor 50+ kostenlos bereitstellt.

„Mir ist heißt, ich ziehe einfach alles aus.“ Fataler Irrtum!

Stichwort Hautkrebs-Vorsorge: Was bedeutet in diesem Zusammenhang der Begriff „Angebotsvorsorge“?

Reinhold Watzele: Der Gesetzgeber hat 2019 in der arbeitsmedizinischen Verordnung die Vorsorge beim UV-Schutz ausgebaut. Diese Pflicht gilt für jede Arbeitgeberin und jeden Arbeitgeber, wenn ihre Beschäftigten draußen arbeiten.

Diese „Angebotsvorsorge“ bedeutet: Als ArbeitgeberIn bin ich gesetzlich verpflichtet, meinen Beschäftigten die Vorsorge anzubieten. Als Chefin oder Chef habe ich eine Fürsorgepflicht gegenüber meinen Angestellten. Deshalb muss ich mich darum kümmern, dass sie das Vorsorge-Angebot auch wirklich annehmen. Dazu muss ich auch dokumentieren, dass ich das tatsächlich angeboten habe – und am besten auch, dass meine Beschäftigten es angenommen haben. Übrigens können alle das Angebot annehmen, müssen es aber nicht.

Nochmal deutlich: Wenn ich das als ArbeitgeberIn nicht mache, dann begehe ich eine Ordnungswidrigkeit.

Beschäftigte können die Angebotsvorsorge nutzen. Natürlich empfehlen wir diese Vorsorge allen GaLaBau-Beschäftigten dringend. Und selbstverständlich gilt die ärztliche Schweigepflicht für das Ergebnis der Untersuchung und alles dabei Besprochene.

Leider wird die „Angebotsvorsorge“ bislang noch nicht gut angenommen. Viele Gutscheine sind noch nicht abgerufen worden. Da wünschen wir uns dringend, dass die Betriebe noch deutlich mehr Beschäftigte schicken! Die SVLFG kooperiert für diese Vorsorge mit dem arbeitsmedizinischen Dienst der BG BAU, der die Untersuchungen in seinen Zentren durchführt.

Die Angebotsvorsorge: mit SVLFG-Gutschein kostenfrei bis 31. Dezember 2021

Aktuelle Aktion 2020 und 2021: Die SVLFG übernimmt als Sozialpartnerin des Garten- und Landschaftsbaus die Kosten für dieses Vorsorgeangebot für eine begrenzte Anzahl von Betrieben, die dieses Angebot bis 31. Dezember 2021 nutzen.

Gutscheine gibt es bei der SVLFG. Damit ist das Angebot kostenfrei, und es gibt außerdem noch ein Dankeschön für die Teilnahme (in Form eines hochwertigen Sonnenschutzpakets, mit Kühltasche, Sonnenschutz und mehr): svlfg.de

Die oder der Beschäftigte erhält eine persönliche, arbeitsplatzbezogene Beratung zum Gesundheitsschutz und zur Eigenvorsorge, bezogen auf seine persönliche Situation. Auch für die arbeitsmedizinische Beratung gilt die Schweigepflicht.

SVLFG bietet seit 1. April neue App und Hotline in 8 Sprachen zum Thema Sicherheit & Gesund­heit für ausländische Saisonarbeitskräfte an.

Die SVLFG bietet seit 1. April eine App, unter anderem zum Thema Sonnenschutz für ausländische Saisonkräfte in 8 Sprachen. Zudem gibt es eine mehrsprachige Hotline für Fragen zum Thema (Bulgarisch, Ungarisch, Serbokroatisch, Rumänisch, Polnisch … und Deutsch).

Die App ist hier abrufbar: agriwork-germany.de

Reinhold Watzele

(Foto: R. Watzele, privat)

Reinhold Watzele ist als Arbeitsbereichsleiter Arbeit & Gesundheit bei der SVLFG Fachmann für arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren in der grünen Branche aus dem Blickwinkel Prävention. Bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau kümmert sich ein Team mit Expertise in Sport-, Gesundheits- und Ernährungswissenschaften und anderen Fachdisziplinen um den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Versicherten am Arbeitsplatz.

Carsten Peters2022-11-11T10:34:43+01:00
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