Ansprechend und anspruchsvoll: Das Bremer Unternehmen Baumrausch hat nicht nur das Ziel, schöne Projekte umzusetzen, sondern auch, positive Impulse in die Gesellschaft zu geben – in Deutschland genauso wie in weit entfernten Weltregionen.
Bei Baumrausch in Bremen ist fast alles möglich, nur nicht das Alltägliche. „Wir interessieren uns vor allem für Projekte, die ungewöhnlich sind, und bewegen uns mit vielen Sachen am Rande des normalen GaLaBaus“, sagt Volker Kranz, neben Martin Schmidt und Wiebke Mestemacher einer der drei Inhaber des Unternehmens.
Das sieht dann zum Beispiel so aus: Baumrausch plant ökologische Anlagen für selbstorganisierte Wohnungsbauprojekte, berät zum Thema komplexe landwirtschaftliche Flächen in Ghana oder gestaltet ein neues Affenhaus in Bremen. Daneben bietet Baumrausch die Baumpflege an, wie der Name schon vermuten lässt, und baut kunstvolle Holz- und Seilkonstruktionen in Bäume, um die Welt aus einer anderen Perspektive erlebbar zu machen. Aber auch individuelle, naturnahe Privatgärten setzt Baumrausch regelmäßig um.
Und das ist noch nicht alles: Da es den drei Inhabern ein Anliegen ist, auch andere an ihrem Wissen teilhaben zu lassen, sind sie zudem im Bildungsbereich ausgesprochen aktiv. So bilden sie unter anderem Baumkletterer und Permakultur-Designer aus, unterstützen Gemeinschaftsgärten und bieten Kletterevents für Jung und Alt an, um den Menschen die Natur näherzubringen.
Alle Angebote des Unternehmens folgen derselben Philosophie: „Wir setzen ökologische, nachhaltige und soziale Projekte um – mit ungewöhnlichen, schlauen und kreativen Lösungen“, bringt es Wiebke Mestemacher auf den Punkt.
Naturnahe Firmengelände im Trend
Einen Mangel an Aufträgen hatte das Unternehmen noch nie zu beklagen, da es sich im Bereich Ökologie schon früh einen Namen gemacht hat. Doch dass das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren zu einem starken Trend geworden ist, macht sich auch bei Baumrausch bemerkbar. So kommt es unter anderem, dass der Betrieb im Rahmen des Bundesprogramms „Business & Biodiversity“ des Umweltbundesamtes und des Bundesamtes für Naturschutz naturnahe Firmengelände plant. Baumrausch war in Zusammenarbeit mit der Heinz-Sielmann-Stiftung sogar an mehreren Pilotprojekten in Deutschland beteiligt.
„Das nimmt in Deutschland richtig Fahrt auf“, erklärt Volker Kranz. „Unternehmen müssen zunehmend darauf achten, ökologisch vernünftig aufgestellt zu sein, unter anderem weil das jetzt in vielen Ausschreibungen gefordert wird. Für uns ist das ein tolles Potenzial.“ Einige der betreffenden Areale sind groß – richtig groß. Das Firmengelände von Bosch in Süddeutschland, bei dem Baumrausch beratend tätig war, ist beispielsweise so riesig, dass sich dort wilde Biberbestände angesiedelt haben.
Experten für Permakultur
Um die gewünschten nachhaltigen Ergebnisse zu erzielen, wendet Baumrausch häufig die Methoden der Permakultur an. Volker Kranz ist diplomierter Permakultur-Designer und war in Deutschland einer der Pioniere dieses Konzepts, das eine ökologische Lebensweise und Landnutzung zum Ziel hat, im landwirtschaftlichen Bereich ebenso wie im privaten Rahmen. Er setzt schon seit 30 Jahren Permakulturprojekte um, bildet Permakulturdesigner aus und bietet Kurse für die Allgemeinheit an.
Permakulturprojekte führen das Baumrausch-Team sogar auf andere Kontinente: Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit setzte es die Permakultur nicht nur für das bereits erwähnten Agrarprojekt in Afrika ein, sondern zum Beispiel auch für einen Planungsauftrag in Kirgisien, bei dem es um den Schutz von Walnussurwäldern ging. Es gab dort massive Probleme mit Überweidung, und es bedurfte eines Konzeptes, um die Wälder langfristig zu erhalten.
In Deutschland setzt Baumrausch zum Beispiel für das „Mietshäuser-Syndikat“ Permakultur-Projekte um, eine Organisation, die Immobilien jenseits von Spekulation entwickeln und langfristig bezahlbaren Wohnraum schaffen möchte. Aktuell plant das Baumrausch-Team eine riesige Hofanlage in Lüneburg mit sogenannten „Öko-Dörfern“. Es geht dabei der Frage nach, wie der Außenraum beschaffen sein sollte, damit sich die Dörfer ökologisch und sozial entwickeln können, inklusive Selbstversorgung.
In der Permakultur und generell bei Baumrausch ist konzeptionelles Denken wichtig, wie Volker Kranz betont. Zum Beispiel wird nicht einfach ein Element geplant, etwa ein Teich im Garten, sondern es wird immer hinterfragt: Ist das sinnvoll und schön und in einem spannenden Zusammenhang? So hat ein Teich viele Effekte im Garten – von der Luftbefeuchtung über die Funktion als Tiertränke bis zur Erwärmung des umgebenden Mikroklimas. Die Lage eines Teiches kann also zum Beispiel darüber entscheiden, ob ich dort wärmeliebendes Obst anbauen oder mich mit essbaren Wasserpflanzen und Krebsen versorgen kann und ob sich die Biodiversität im Garten erhöhen wird.
Nicht nur in gewerblichen und öffentlichen Projekten, sondern auch im Privatkundenbereich wird die Permakultur immer beliebter. Viele Kunden sprechen das Thema gezielt an und wünschen sich zum Beispiel ganze essbare Landschaften. „Das kommt heute viel häufiger vor als noch vor drei Jahren“, berichtet Wiebke Mestemacher. „Früher hatte noch keiner von Permakultur gehört.“
Pflanzen, Tiere und ihr Zusammenleben
Und was hat es nun mit den erwähnten Affen auf sich? Sie sind die Protagonisten in einem Projekt, das Baumrausch zurzeit für die botanika umsetzt. Die botanika ist ein Naturerlebniszentrum in Bremen, das unter anderem viel von Schulklassen besucht wird. Baumrausch gestaltet hier regelmäßig Sonderausstellungen zu Themen wie Wilder Westen oder Karibik und stattet sie nicht nur mit geeigneten Pflanzen, sondern gleich auch noch mit den passenden Tieren aus. Die kommen in der Regel von Unternehmen wie dem „Filmtierhof“ in Hamburg, das Tiere für Film und Fernsehen makelt.
Bei den Affen verhält es sich allerdings anders: Die Gibbons sind dauerhaft in die botanika umgezogen, nachdem ein Privatzoo in Bremen geschlossen wurde. Baumrausch plant die Innengestaltung und Pflanzung für das neue Affenhaus, in dem sie leben werden, und kümmert sich dabei auch um eine Vielzahl an Fragen rund um die Tierhaltung: Futterstellen, Gefahr von Krankheiten, Rückzugsgelegenheiten, die Möglichkeit, die Tiere einzufangen, und vieles mehr. Dabei beschreitet der Betrieb einmal mehr Neuland. „In Deutschland wird selten ein neues Affenhaus geplant, daher kennt sich kaum jemand gut damit aus“, erzählt Volker Kranz. Aus diesem Grund arbeitet sein Team unter anderem mit dem Veterinäramt zusammen, um herauszufinden, was die Tiere brauchen. Für Kranz ist das eine hochspannende Aufgabe. Er ist seit jeher von Tieren begeistert, schon mit acht Jahren hat er seinen ersten Tierschutzverein gegründet.
Kombiniert wird das Affenhaus mit einem neuen Schmetterlingshaus, bei dem Baumrausch ebenfalls die Planungshoheit der Innengestaltung hat.
Auch die Pflanzplanung für einen ganzen Tierpark gehört zu den Aufgaben von Baumrausch – nämlich für den Tierpark Luxemburg. „Tiergärten und Zoos haben heute oft Wahnsinns-Kulissen, aber relativ selten eine gute Pflanzplanung“, findet Volker Kranz. Sein Anspruch ist es, ein zu den Tieren passendes Pflanzenkonzept zu finden: „Wir können in unseren Breiten nicht die Pflanzen aus der Heimat der Tiere nehmen, aber wir schauen, welche optischen Reize die Landschaft hat, aus der die Tiere stammen, und erzeugen ähnliche Reize mit Pflanzen, die sich hier wohlfühlen.“ Zum Beispiel wird im Tierpark Luxemburg die Vegetation für das Murmeltiergehege mit Krüppelkiefern und Zwergformen von Sträuchern nachempfunden, um die Baumgrenze der Alpen darzustellen. Und das Gehege der schottischen Hochlandrinder wird mit Wassergräben und Pappeln durchzogen, um die sumpfige Landschaft anzudeuten, in der die Rinder typischerweise leben.
Daneben hat Volker Kranz auch wahrhaft märchenhafte Pflanzungen in Luxemburg installiert. So hat er 50 Birken im 40-Grad-Winkel um die Baumhäuser des Parkes pflanzen lassen. Als Experte für Baumstatik weiß er, dass sich die Birken im Laufe der Jahre wieder aufrichten werden. Das fertige Bild, das Kranz im Kopf hat: 50 Birken, die sich alle im gleichen, eleganten Schwung von der Schieflage wieder aufrichten und wie eine tanzende Gruppe die Baumhäuser umgeben.
Das Drei-Inhaber-Modell
Zu einem Unternehmen, das so viele ungewöhnliche Ideen und Projekte verfolgt, passt, dass auch die Firmenstruktur nicht ganz alltäglich ist:
Baumrausch wurde 2001 von Volker Kranz ins Leben gerufen. Es löste damals ein Unternehmen ab, das Kranz schon 1984, zur Zeit der ersten Ökologiebewegung, gegründet hatte. Martin Schmidt und Wiebke Mestemacher sind seit 2008 Mitglieder der Geschäftsführung von Baumrausch. Heute gehört der Betrieb den drei Inhabern zu gleichen Teilen. Der Lohn, den sie sich selbst auszahlen, richtet sich jedoch nach der Anzahl der gearbeiteten Stunden. Da Wiebke Mestemacher alleinerziehend ist, arbeitet sie zurzeit weniger und erhält entsprechend weniger Gehalt. Auch die Gewinn- und Verlustbeteiligung wird anteilsmäßig ausgezahlt.
Für dieses Modell wurde die ehemalige GbR 2015 in eine GmbH und Co KG überführt und ein aufwändiger Vertrag ausgearbeitet. Darin ist unter anderem festgelegt, dass jeder der Inhaber bei einem möglichen Ausscheiden nur seine Einlage zurückerhält und nicht seinen Anteil am (mittlerweile erheblich gestiegenen) Unternehmenswert. Das würde für die Person einen finanziellen Nachteil bedeuten, schützt aber das Unternehmen, da es das Ausscheiden von ein oder sogar zwei Inhabern sonst vermutlich nicht überleben würde.
Überhaupt geht es bei Baumrausch nicht primär ums Geldverdienen. Werte wie Nachhaltigkeit und Menschlichkeit sind den drei Inhabern wichtiger als größtmöglicher Gewinn. „Natürlich soll sich jedes Projekt auch rechnen, aber es muss zugleich unserer Philosophie entsprechen. Diesen Spagat hinzubekommen, ist nicht immer einfach, macht uns aber aus“, erläutert Martin Schmidt, der nicht nur Meister im Garten- und Landschaftsbau, sondern auch Betriebswirt für Landschaftsbau ist.
Da sich die drei in grundsätzlichen Fragen einig sind und sich schon lange kennen, funktioniert das Miteinander sehr gut. „Ich finde dieses Modell mit mehreren Inhabern sehr bereichernd, denn es erlaubt uns, auch große, spannende Projekte anzugehen“, sagt Wiebke Mestemacher. „Eine Alternative wäre, als kleinerer Betrieb mit anderen kleinen Unternehmen in einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzuarbeiten. Aber ich denke, mit unserer Struktur und dem eingespielten Team sind wir besser aufgestellt.“
Ein engagiertes Team
Dass die 24 Mitarbeiter in diese Struktur hineinpassen und sich mit den Zielen von Baumrausch identifizieren, ist ebenfalls unverzichtbar. Die klare Positionierung des Betriebs hilft auch hier: „Unser spezieller Ansatz treibt interessante Leute zu uns, Menschen, die ökologisch und sozial interessiert sind“, erzählt Volker Kranz. Die Hälfte der Auszubildenden hat einen Hochschulabschluss, meist in Studiengängen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Sie wissen es zu schätzen, dass sie hier das Theoretische und Konzeptionelle mit dem Praktischen verbinden können. Viele Auszubildende bleiben dem Betrieb deshalb auch nach ihrem Abschluss erhalten. Nachwuchssorgen gibt es nicht.
Seit 2015 hat Baumrausch ein Planungsbüro mit einer eigenen Landschaftsarchitektin, um auch große Aufträge selbst planen zu können. Bei der Umsetzung der besonders umfangreichen Projekte stößt der Betrieb mit seinen insgesamt 27 Köpfen allerdings doch an seine Grenzen. Hier konzentriert er sich auf die Planung und Bauleitung, die Umsetzung übernehmen dann andere.
Austausch und Vernetzung
Zusätzliche Impulse bieten der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Betrieben. Baumrausch, und hier vor allem Wiebke Mestemacher, ist in der BASEG (Bundesarbeitsgemeinschaft selbstverwalteter Gartenbaubetriebe) aktiv und richtet gemeinsam mit Kollegen aus ähnlich aufgestellten Betrieben alljährlich ein gemeinnütziges Sommercamp aus: 140 Landschaftsgärtner und Landschaftsgärtnerinnen aus ganz Deutschland kommen zusammen, um in einer Woche ein soziales oder ökologisches Projekt mit ihrem Wissen und ihrer Arbeitskraft kostenlos zu unterstützen.
Für die Verbandsarbeit des Unternehmens ist Martin Schmidt zuständig, der auch Regionalvorsitzender des Bremer Verbands ist. „Die Zusammenarbeit mit dem engagierten Team macht Spaß. Unter anderem das Nachwuchsberaterteam ist super motiviert“, so Schmidt.
Dabei ist Baumrausch im Jahr 2008 eher zufällig zur Verbandsarbeit gekommen. Damals rief der Verband in Bremen das Projekt „Citygärten“ ins Leben, bei dem Verbandsmitglieder acht Wochen lang einen Mustergarten mitten in der Stadt präsentieren konnten. Baumrausch wollte dabei sein, trat in den Verband ein und ist dabeigeblieben. Heute möchte Schmidt den Kontakt zu anderen Mitgliedsbetrieben und die „superaktuellen“ Informationen über Branchenentwicklungen nicht mehr missen.
Umgekehrt gilt das natürlich genauso – denn der Austausch mit Baumrausch ist garantiert immer überraschend, belebend und inspirierend.