Kein Platz für Klischees: Maike Sylvester als starkes Beispiel für Frauen im GaLaBau
Wenn Maike Sylvester über ihren Beruf spricht, spürt man sofort: Hier steht eine Frau, die liebt, was sie tut. Eine, die weiß, wovon sie redet. Und eine, die sich ihre Rolle in einer männerdominierten Branche nicht erkämpfen musste, sondern sie sich genommen hat – mit Haltung, Humor und Herz. Seit über zehn Jahren ist sie Geschäftsführerin der GrünWert Bremen GmbH. Sie ist Unternehmerin, Mutter, Vorbild – und eine Stimme für Frauen im Garten- und Landschaftsbau.
Ein Beruf fürs Leben – auch für Frauen?
„Ich hatte schon als Kind eine besondere Affinität zur Erde“, erzählt Maike Sylvester. Aufgewachsen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb, war körperliche Arbeit für sie nie ein Hindernis, sondern selbstverständlich. Nach ihrer Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin und einem Studium der Landschaftsarchitektur mit Schwerpunkt Landschaftsbau in Osnabrück entwickelte sie ihren Businessplan – und setzte ihn konsequent um. 2004 startete sie bei der GrünWert Bremen GmbH als Prokuristin, 2011 wurde sie Geschäftsführerin, seit 2013 ist sie alleinige Gesellschafterin – und Chefin von 50 Mitarbeiter*innen.
Doch so selbstverständlich wie ihr beruflicher Werdegang klingt, ist er nicht – vor allem nicht für eine Frau. „Wenn Gleichberechtigung heutzutage immer noch so ein großes Thema ist, dann scheint es sie wohl nicht zu geben“, sagt sie. Zwar habe sie in ihrer Ausbildung keine schlechten Erfahrungen gemacht, ganz im Gegenteil: „Ich habe sehr früh Respekt erfahren – nicht Degradierung.“ Und doch ist ihr bewusst: Sie ist die Ausnahme, nicht die Regel.
„Wir können nicht behaupten, dass der Beruf für Frauen genauso geeignet ist wie für Männer – wenn er es faktisch oft nicht ist.“
Frauen in Männerberufen – zwischen Realität und Rhetorik
Der Garten- und Landschaftsbau ist auch heute noch eine Branche, in der Frauen unterrepräsentiert sind – besonders auf der Baustelle. Das liegt für Sylvester nicht nur an überkommenen Rollenbildern, sondern auch an ganz praktischen Problemen: „Wenn wir uns anschauen, wie schwer unsere Materialien sind – Düngersäcke, Zementsäcke, Bordsteine – dann kann eine Frau, die sich an die Empfehlungen der Berufsgenossenschaft hält, vieles schlichtweg nicht allein heben.“
Kleinere Verpackungseinheiten oder ergonomische Alternativen? Fehlanzeige. „Die Industrie muss hier endlich umdenken“, fordert sie. Und ergänzt mit Blick auf das große Ganze: „Wir können nicht behaupten, dass der Beruf für Frauen genauso geeignet ist wie für Männer – wenn er es faktisch oft nicht ist.“
Trotzdem – oder gerade deshalb – möchte Sylvester andere Frauen ermutigen, ihren Weg zu gehen. „Ich wünsche mir mehr Unbeschwertheit im Umgang mit dem Thema. Frauen sollten sich nicht einreden lassen, dass sie sich ständig beweisen müssen. Einfach losgehen, mit Selbstbewusstsein – das ist mein Tipp.“
Vereinbarkeit? Zukunftsmusik.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist im Garten- und Landschaftsbau eine der großen Herausforderungen – und zugleich eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben. Maike Sylvester kennt diese Realität gut: „Ich bin acht Wochen nach der Geburt meiner Tochter wieder arbeiten gegangen, mein Mann hat die Elternzeit übernommen. Das war emotional fordernd – aber gemeinsam haben wir es geschafft.“ Diese Erfahrung prägt nicht nur ihren Führungsstil, sondern auch ihr Verständnis für die Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Zwar sind flexible Modelle wie Homeoffice oder Gleitzeit im Garten- und Landschaftsbau bislang nur schwer umsetzbar – Baustellen beginnen früh, die Arbeit erfolgt im Team, Spontaneität ist oft nicht möglich. „Aber das heißt nicht, dass es so bleiben muss“, betont Sylvester. Teilzeitmodelle gibt es bereits – und sie ist überzeugt, dass mit kreativen Lösungen, technologischem Fortschritt und gesellschaftlichem Wandel noch viel mehr möglich sein wird.
„Wir müssen neue Wege denken – auch in einer Branche wie unserer“, sagt sie. „Und wir brauchen mehr Stimmen, die zeigen: Es geht. Es ist nicht immer leicht, aber es lohnt sich.“ Für sie ist klar: Wenn Betriebe familienfreundlicher werden, gewinnen alle – Männer, Frauen, Kinder und die Zukunft des Handwerks.
„Wir müssen neue Wege denken – auch in einer Branche wie unserer.“
Frauen fördern – aber richtig
In ihrem eigenen Unternehmen beschäftigt Maike Sylvester derzeit keine Frauen auf der Baustelle. Noch nicht. „Wir sind dabei, gezielt zu kommunizieren, dass Frauen bei uns willkommen sind.“ Die Karriereseite wurde überarbeitet, ein eigener Infobereich „Frauen im GaLaBau“ ist in Arbeit. „Ich bin ja das beste Beispiel dafür, dass es geht“, sagt sie.
Statt plakativer Frauen-Stellenanzeigen setzt sie auf Information und Inspiration – mit einem Interview, das auch ihre persönliche Geschichte erzählen soll. Außerdem engagiert sie sich im Nachwuchsbereich des Verbandes und ist seit Anfang 2024 stellvertretende Vorsitzende im Vorstand des Ausbildungsförderwerkes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (AuGaLa). „Wir müssen in Schulen, auf Messen, in die Arbeitsagenturen – und deutlich machen: Ihr könnt das. Und ihr werdet gebraucht.“
„Ein starkes Team lebt davon, dass jede und jeder die eigenen Stärken einbringen darf – ganz unabhängig von Klischees oder Erwartungen.“
Keine Schablonen, bitte!
Ob Frauen besondere Stärken in die Branche einbringen? Maike Sylvester begegnet dieser Frage differenziert – und mit einer klaren Haltung: „Jeder Mensch bringt eigene Talente mit – und genau diese Vielfalt macht ein gutes Team aus.“ Sie selbst hat eine besondere Leidenschaft für die gestalterischen, feineren Arbeiten – große Maschinen überlässt sie lieber anderen. „Das mag klischeehaft wirken“, sagt sie, „aber es ist einfach das, was mir liegt.“ Gleichzeitig kennt sie zahlreiche männliche Kollegen, die ebenfalls lieber gestalten als baggern. Für sie steht fest: „Ob jemand lieber Radlader fährt oder zum Beispiel Beete bis ins Detail gestaltet, hängt nicht vom Geschlecht ab – sondern einfach von der Persönlichkeit.“
Was sie sich wünscht: ein offenes Miteinander ohne Schubladendenken. „Ein starkes Team lebt davon, dass jede und jeder die eigenen Stärken einbringen darf – ganz unabhängig von Klischees oder Erwartungen.“ Für sie ist klar: Es geht nicht darum, bestimmte Rollen zu erfüllen, sondern darum, gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten – mit Respekt, Offenheit und Freude an der Aufgabe.
Vorbild mit Haltung
Dass Maike Sylvester ein Vorbild ist – das merkt man spätestens, wenn sie sagt: „Wenn ich auf Azubi-Messen gehe, dann sage ich immer: Es ist der schönste Beruf der Welt. Und ich steh zu 100 Prozent hinter dieser Aussage.“
Für sie ist der Garten- und Landschaftsbau ein Schlüsselberuf der Zukunft: „Wenn wir unsere Städte entsiegeln, begrünen und klimaresilient machen wollen, braucht es uns – diejenigen, die wirklich etwas verändern.“ Es ist diese klare Haltung, die beeindruckt – und inspiriert.
Und was wünscht sie sich für die Zukunft?
„Ich wünsche mir eine bunte Blumenwiese an Menschen im Garten- und Landschaftsbau – jede*r soll seinen Platz finden. Und ich wünsche mir, dass wir in der Debatte um Gleichstellung eine neue Leichtigkeit entwickeln. Nicht alles problematisieren. Chancen sehen. Miteinander sprechen. Und einfach machen.“ Und Maike Sylvester ist eine, die genau das tut.
Autorin: Christina Steinsträßer
Fotos: Martin Rottenkolber