Gartengestaltung – Comeback der Handzeichnung
Ideenskizzen, Entwurf, Detailpläne: Der erste Schritt zu einem neu angelegten Garten beginnt mit der Planung. Moderne Computerprogramme erstellen dafür perspektivische Darstellungen bis hin zum virtuellen Rundgang mit VR-Brillen. Warum sollte man da noch wie früher mit der Hand zeichnen? Daniel Nies lehrt seit über 25 Jahren die Techniken des analogen Zeichnens – mit Schwerpunkt auf der Privatgartenplanung. Er weiß, warum gerade Handskizzen in der Erstberatung den entscheidenden Ausschlag geben können.
Warum sollte man Gartenentwürfe noch mit der Hand zeichnen?
Viele GaLaBau-Betriebe setzen bei der Planung von Privatgärten CAD-Programme zur Visualisierung ihrer Entwürfe ein. Daniel Nies sieht jedoch gerade in der analogen Handzeichnung klare Vorteile. Denn sie ermöglicht es, gestalterische Ideen während des gesamten Entwurfsprozesses wirkungsvoll zu veranschaulichen. So lassen sich beispielsweise bereits im ersten Kundengespräch vor Ort einfache Funktionspläne einbinden. Diese teilen den Raum in Funktionsflächen wie z. B. Terrasse, Rasenfläche, Pflanzfläche, Wege oder Pool ein.
Vor allem Auftraggeberinnen und Auftraggeber im Privatgarten-Bereich können sich mithilfe dieser einfachen Skizzen ein klares Bild von ihrem künftigen Garten machen. In seinen Zeichenseminaren rät Daniel Nies, bei den Skizzen während der Erstberatung nicht zu schnell ins Detail zu gehen. Sie müssen noch keine hohe grafische Qualität aufweisen. Denn sie dienen vielmehr dazu, die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zeichnerisch grob zu erfassen. Auf dieser Basis kann die Gestaltung dann in der nächsten Phase verfeinert und weiterentwickelt werden.
Handzeichnungen begeistern
Die Handzeichnung hat in der frühen Beratungsphase noch einen weiteren Vorteil, weiß Daniel Nies aus eigener Erfahrung: „So kann man Kundinnen und Kunden im Planungsprozess viel leichter begeistern. Das künstlerische Flair macht die Gartenplanung emotionaler und persönlicher.“ Immer wieder hat er erlebt, welche Faszination der Prozess des Zeichnens auf Zuschauende ausübt. Und im Vergleich zum Arbeiten mit Fotomaterial lässt das Zeichnen mehr Flexibilität zu. Daniel Nies setzt etwa vorbereitete Schablonen ein, um den künftigen Garten in der Vorstellung der Kundinnen und Kunden spielerisch zum Leben zu erwecken. Mal experimentiert er mit verschiedenen Baumformen und -größen, mal ändert er das rechteckige Wasserbecken in ein Oval. In Sekundenschnelle lässt sich der Entwurf so lange immer wieder auf dem Papier verändern, bis er am Ende zu diesen Menschen passt. Erst dann fertigt Daniel Nies eine Reinzeichnung an.
Kleine Details setzen dem Entwurf das i-Tüpfelchen auf
Daniel Nies findet, dass handgefertigte Zeichnungen Stimmungen viel besser vermitteln können als computerbasierte Entwürfe. Eine Nachtzeichnung etwa kann die Vorfreude auf laue Sommernächte im eigenen Garten wecken und Gartenbesitzerinnen und -besitzern Lust auf Veränderungen machen. Auch in seinen Seminaren lässt Daniel Nies seine Zeichenschülerinnen und -schüler gerne mit kleinen Objektschablonen wie Feuerschalen, Steinen oder Gräsern experimentieren. Gerade diese kleinen Details setzen einem Entwurf oft das i-Tüpfelchen auf. Sie lockern jeden Garten auf und wirken auch beim persönlichen Kundentermin vor Ort sehr inspirierend.
Daniel Nies kombiniert analoge mit digitalen Techniken. Dafür scannt er die analogen Zeichnungen ein und fügt weitere Elemente wie Stimmungsfotos, Firmenlogos oder Texte als spielerische Elemente hinzu. Wenn es zu einer Kundin oder einem Kunden passt, dann fügt er auch gerne einmal kleine Gedichte wie Elfchen ein. Diese bestehen aus elf Wörtern, verteilt auf fünf Zeilen. Das verleiht dem Entwurf eine poetische, persönliche Note.
Die eingescannten Zeichnungen lassen sich mit Photoshop noch retuschieren und nachträglich korrigieren. Allerdings empfiehlt Daniel Nies, sich zunächst auf die analogen Techniken zu konzentrieren: „Besser ist es, erst das Handzeichnen zu trainieren, bevor man die Zeichnungen in Photoshop einarbeitet und verfeinert.“
Wettbewerbsvorteil durch Handzeichentechniken
Die Zeichenschülerinnen und -schüler von Daniel Nies kommen überwiegend aus Garten- und Landschaftsbaubetrieben. Handzeichentechniken werden hier vor allem bei der Planung von hochpreisigen Privatgärten genutzt. Sie besetzen mit diesem Angebot eine Nische, denn die meisten Betriebe arbeiten entweder ganz ohne Visualisierung oder nutzen CAD. Immer wieder hört er von ehemaligen Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmern, dass diese in ihren Handzeichnungen einen klaren Wettbewerbsvorteil sehen. So erhielt etwa ein GaLaBau-Unternehmer einen Zuschlag wegen der eingereichten Handzeichnungen. Andere konnten zusätzliche Produkte oder Leistungen verkaufen, weil diese in den Handzeichnungen überzeugt hatten.
Dass Handzeichnungen den Umsatz steigern können, ist eine Erfahrung, die viele GaLaBau-Betriebe gemacht haben. Einer davon hat inzwischen schon drei Generationen des Familienunternehmens in die Zeichenkurse von Daniel Nies geschickt – vom Großvater und Gründer über den Sohn bis zur Enkelin.
Mancher will wieder Freihandzeichnen erlernen
Daniel Nies freut sich, dass die Techniken des analogen Zeichnens im Garten- und Landschaftsbau wieder stärker gefragt sind. So kommen auch Profis aus der Landschaftsarchitektur zu ihm, die nach dem jahrelangen Arbeiten mit Computerprogrammen das Freihandzeichnen wieder erlernen wollen.
Seine Zeichenkurse sind modular aufgebaut und vermitteln zeichnerisches Können von der Basis bis zum fortgeschrittenen Level. Zunächst lässt er Grundrisse einüben. Im nächsten Schritt kommen die Ansichten dazu. Danach folgt der Einstieg ins räumliche Zeichnen. Über die Jahre hat er etliche Tricks und Kniffe zur Vereinfachung der zeichnerischen Darstellung entwickelt.
Die von ihm entwickelten Isometrie- und Perspektivraster etwa helfen Daniel Nies, räumliche Elemente wie Mauern, Pergolen, Möbel etc. leichter und schneller zu zeichnen.
Gartenentwurf mit 3D
Auch auf 3D-Elemente greift er gerne zurück: Wenn er zum Beispiel in einem Gartenentwurf eine Außensauna auf der Wiese vorsieht, „schiebt“ er sie auf dem Plan hoch, um den Blick auf den dahinterliegenden Gartenbereich freizugeben. Und: Er zeichnet lieber den Blick vom Garten aufs Haus anstatt umgekehrt. „Dann erkennen die Menschen ihr Haus wieder“, weiß Daniel Nies, „das hat eine viel größere Magie. Denn so haben sie es bisher nicht gesehen.“ Die Kür ist schließlich die perspektivische Zeichnung mit ihren Fluchtpunkten. Mit ihr lässt sich ein Raum wirklichkeitsnah darstellen. Daniel Nies nutzt sie besonders gerne, denn sie entfaltet eine große Kraft. Allerdings erfordert sie auch Zeit und Können.
Inspirationsquellen für Gartenzeichnungen: Reisen und schöne Gärten
Die meisten Techniken, sagt Daniel Nies, sind einfach zu lernen. Manche seiner Zeichenschülerinnen und -schüler seien einfach Naturtalente, andere hätten zuvor nie Zugang zum Zeichnen gehabt – weder in der Lehre, noch im Beruf. Da brauche es dann mitunter etwas Mut. „Gerade am Anfang sollte das Zeichnen locker und schnell von der Hand gehen. Es geht nicht darum, perfekte Entwürfe zu zeichnen, sondern mit Spaß bei der Sache zu sein.“ Der Rest sei Übung, um sich immer weiter zu entwickeln, sagt Daniel Nies. Er rät auch, viel zu reisen und sich schöne Gärten anzuschauen. Denn sie sind unerschöpfliche Inspirationsquellen.
Zur Person
Daniel Nies studierte Landscape Design an der Colorado State University, USA. Sein dortiger Lehrmeister war Professor Grant W. Reid. Anschließend war er fünf Jahre lang als Objektplaner in einem Münchener und Augsburger Landschaftsarchitekturbüro tätig. Seine Leidenschaft fürs Zeichnen und für Gärten brachte ihn 1995 dazu, das „Zeichenwerk“ in Stadtbergen zu gründen. Dort bietet er seitdem Zeichenseminare rund um das Thema Gartengestaltung an. Als Gastdozent ist er auch in Österreich und der Schweiz tätig und unterrichtet darüber hinaus an Techniker- und Meisterschulen, bei Garten- und Landschaftsbauverbänden sowie an Fachhochschulen und Universitäten. Daniel Nies ist Autor des Buches »Zeichnen in der Gartengestaltung« (Ulmer-Verlag).
(Alle Illustrationen/Fotos: Daniel Nies)
Autorin: Conny Frühauf