Das Ausbildungskonzept stetig weiterentwickeln – „Stillstand gibt es bei uns nicht“

Die junge Generation? Schwierig, findet Nico Weber. Dennoch scheint der 35-jährige Gartenbau-Meister ein gutes Händchen für Auszubildende zu haben. Denn die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz hat ihn 2023 mit dem ersten Preis zum Ausbildungsbetrieb des Jahres ausgezeichnet: für hervorragende Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Hat er ein Geheim-Rezept?

Nico Weber führt sein Unternehmen im Westerwald in Neustadt an der Wied. Auf dem großen Betriebsgelände befinden sich Bürogebäude, Halle, Lagerplatz und Mustergarten. Zusammen mit 25 Mitarbeiter*innen plant, baut und pflegt er Gartenanlagen und Pools. Auszubildende hat er jedes Jahr zwei bis drei. Die Stimmung im Büro wirkt entspannt und die Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

„Übertragt den Auszubildenden mehr Verantwortung und gebt ihnen die Chance, selbstständig zu arbeiten und sich dadurch persönlich zu entwickeln.“

Azubis üben

Was ihn selbst antreibt, das fordert Nico Weber auch von seinen Angestellten: Engagement, Eigenverantwortung und Kooperation.

In Gärtnerhose zum Fachabi

Im Büro sitzt Nico Weber nicht so gern, lieber ist er draußen. Gartenbau war schon früh seine Leidenschaft. „Mit den Händen arbeiten und abends sehen, was man geschafft hat – das hat mir immer gut gefallen“, sagt Weber. In grüner Gärtnerhose sei er zum Fachabi gefahren und habe die Klausur „zack, zack“ abgegeben. Er wollte so schnell wie möglich zurückfahren zu seinem Job im Gartenbau. Sein damaliger Chef hätte ihn gern als Auszubildenden gehabt. „Ich fühlte mich aber damals mit dem Fachabi in der Tasche zu anderem berufen und wollte studieren“, sagt Nico Weber und lacht. Es kam dann doch anders.

Ausgezeichnet: erster Platz für hervorragende Ausbildung im GaLaBau

Studieren war nicht sein Ding. Er wollte anpacken, sich selbstständig machen und Verantwortung übernehmen. Und er wollte selbst ausbilden. Deshalb hat er schließlich doch Garten- und Landschaftsbau gelernt, sich 2011 währenddessen selbstständig gemacht und dann „nebenbei“ die Meisterschule besucht. Heute ist er Chef von 25 Angestellten und Mitinhaber eines zweiten Betriebs - ein Landschaftsplanungsbüro. Was ihn selbst antreibt, das fordert er auch von seinen Angestellten: Engagement, Eigenverantwortung und Kooperation. Für sein Ausbildungskonzept hat ihn die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz als Ausbildungsbetrieb des Jahres 2023 ausgezeichnet. Und was macht eine herausragende Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau aus?

Obwohl es in der Ausbildung nicht mehr Pflicht ist: Wer bei Nico Weber eine Ausbildung macht, kommt ums Herbarium nicht herum.

„Ich finde Pflanzenkunde für den Beruf sehr wichtig, deshalb schreibe ich das Herbarium als Zusatzvereinbarung in den Ausbildungsvertrag.“

Gut strukturierte Ausbildung

Die Ausbildung sei gut strukturiert, befand die Jury des Wettbewerbs. Quartalsweise wechseln die Auszubildenden zwischen den drei Kolonnen Bau, Pflege und Poolbau. Die Zeitpläne der Azubis mit Kolonne, Berufsschulblöcken und Lehrgängen hängen für alle einsehbar im Sozialraum. „Am Anfang haben wir die Arbeitsbereiche mit den Lehrjahren verknüpft. Pflege im ersten, Bau im zweiten und Poolbau im dritten Lehrjahr“, sagt Nico Weber. Das sei nicht gut gewesen. Die Azubis im dritten Lehrjahr hätten damals vor allem mit technischen Anlagen beim Poolbau zu tun gehabt. Aber in den Abschlussprüfungen gehe es ja um alles Mögliche. Das praktische Wissen, zum Beispiel zu Pflegemaßnahmen, das war dann schon zu lange her. Also haben sie umgestellt auf einen Wechsel alle drei Monate, so dass auch die Leute im dritten Lehrjahr noch mal Unkraut zupfen müssen und in Kontakt kommen mit den Pflanzen.

Zusatzvereinbarung im Ausbildungsvertrag: das Herbarium bleibt Pflicht

Das Thema Pflanzen ist Weber in der Ausbildung sehr wichtig. Ihm war aufgefallen, dass sich seine Azubis nicht mehr besonders für die Pflanzen interessieren. Schwere Geräte fahren und Technik bedienen stehe meist im Vordergrund. „Gute Gärtner zu finden ist richtig schwierig“, sagt Weber. Also bekommen seine Azubis ein Extra an Pflanzenausbildung. Zum Beispiel verlangt er, dass sie ein Herbarium anlegen, obwohl das längst nicht mehr verpflichtend ist. „Ich finde aber Pflanzenkunde für den Beruf sehr wichtig, deshalb schreibe ich das Herbarium als Zusatzvereinbarung in den Ausbildungsvertrag“, sagt Weber.

„Fortbildungen geben mir Anregungen, und ich kann meine Ausbildungsmethoden überdenken und permanent weiterentwickeln. Stillstand gibt es bei uns nicht.“

Von Anfang an werden die jungen Auszubildenden miteingebunden in die Arbeit. Sie wechseln die drei Kolonnen Bau, Pflege und Poolbau quartalsweise.

Wohlfühlfaktor Wertschätzung und ein Sandkasten für Azubis

Seine Auszubildenden fühlen sich wohl im Betrieb. Als die Jury der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz sie im Rahmen des Wettbewerbs befragten, erwähnten sie vor allem die große Wertschätzung, die ihnen entgegengebracht wird und den respektvollen Umgang. Aber auch, dass ihnen alles gut erklärt und sie von Anfang an miteinbezogen würden in die Arbeiten. Beliebt ist der sogenannte Azubi-Sandkasten – ein eigener Bereich auf dem Firmengelände. Hier können die angehenden Landschaftsgärtner*innen üben. Fester Ansprechpartner für die Azubis ist seit einigen Jahren Ausbilder Thorsten Berlt. Er kontrolliert zum Beispiel wöchentlich die Berichtshefte und organisiert die monatlichen Azubitage, an denen die jungen Leute Wissen vertiefen, Fragen stellen und im Sandkasten üben: wie beispielsweise Platten zu legen.

Netzwerken und Ausbildungsmethoden weiterentwickeln

Nico Weber netzwerkt gern und ist Mitglied in verschiedenen Verbänden und Initiativen. Für die Ausbildung macht er sich stark bei der bundesweiten „Initiative für Ausbildung – TOP Ausbildungsbetrieb“. Er hat seinen Betrieb dort zertifizieren lassen und geht zu den jährlichen Treffen des Verbandes. „Da bekomme ich Anregung und kann meine Ausbildungsmethoden überdenken und permanent weiterentwickeln. Stillstand gibt es bei uns nicht“, sagt Weber.

Portrait Nico Weber vor einer Gartenanlage

Der 35-Jährige hat sich noch während der eigenen Ausbildung selbstständig gemacht. Er bildet sich konsequent weiter und sucht Anregungen, wie er sein Ausbildungs- und Betriebskonzept weiterentwickeln kann.

„Am Anfang haben wir die Arbeitsbereiche mit den Lehrjahren verknüpft. Pflege im ersten, Bau im zweiten und Poolbau im dritten Lehrjahr“

Sich kennenlernen: Praktikum vor der Ausbildung

Interessent*innen für einen Ausbildungsplatz machen bei ihm im Vorfeld ein zweiwöchiges Praktikum. „Das hat sich als gut erwiesen. So lernt man sich ein bisschen kennen und weiß, ob man zusammenpasst“, sagt Weber. Und trotzdem läuft es nicht immer rund. „Es ist manchmal schwierig, die junge Generation tickt anders“, sagt Nico Weber. Er habe sich auch schon mal von einem Azubi getrennt.

Coaching-Fortbildung für bessere Mitarbeitergespräche

Statt über Generationenkonflikte graue Haare zu bekommen oder sich an Mitarbeitergesprächen die Zähne auszubeißen, macht er lieber eine Coaching-Fortbildung. Hier lernt er, wie Kommunikation, Zusammenarbeit und Konfliktgespräche gut gelingen. Zum Beispiel mit offenen Fragen statt Vorwürfen, wenn mal etwas schlecht gelaufen ist. „Die allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen selbst darauf, was nicht gut gelaufen ist und wie sie es anders machen können“, sagt Weber. Er müsse aber noch viel üben, damit er nicht in alte Kommunikationsmuster verfalle.

Eigenverantwortung fördern: die Azubi-Baustelle

Absolutes Ausbildungs-Highlight sind die Azubi-Baustellen. Die angehenden Landschaftsgärtner*innen führen und beaufsichtigen echte Baustellen eigenverantwortlich. „Das geht natürlich nicht mit allen Baustellen, aber wenn es möglich ist, dann bringt das viel Selbstvertrauen und Spaß“, sagt Nico Weber. Aus dieser Erfahrung resultiert auch sein Rat an Ausbilder-Kolleg*innen: „Übertragt den Auszubildenden mehr Verantwortung und gebt ihnen die Chance, selbstständig zu arbeiten und sich dadurch persönlich zu entwickeln.

Autorin: Valeska Zepp

Fotos: Martin Rottenkolber

Carsten Peters2024-07-29T11:59:50+02:00
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