Sozialer Gartenbau – für beide Seiten ein Gewinn
Wenn die Natur Winterschlaf hält, schwächt sich die Auftragslage für GaLaBau-Betriebe ab. Georg Höfer hat darin eine Chance erkannt. Zusammen mit Mitarbeiter*innen von Höfer Kraftorte reist er dem Sommer hinterher. Und legt dort Gärten und Plätze an, wo sie dringend gebraucht werden. Ehrenamtlich. Sein soziales Engagement hat nicht nur Veränderungen für die Menschen vor Ort gebracht, sondern auch für seinen Betrieb.
Die Entscheidung fiel auf einem Rückflug aus Kolumbien. Noch im Flieger beschloss Georg Höfer, seinen GaLaBau-Betrieb umzutaufen. Aus Höfer Gartenbau wurde Höfer Kraftorte. Mit Esoterik habe das nichts zu tun, erklärt der Unternehmer. Viel eher mit Gärten, in denen Menschen Kraft schöpfen könnten. „Andere nennen es ihr Gartenparadies oder ihre grüne Oase. Wir nennen es eben Kraftorte.“ Nicht allen im Betrieb hat die Namensänderung gefallen, räumt er ein. Doch für ihn fühle es sich stimmig an. Denn es ist der Abschluss eines jahrelangen Selbstfindungsprozesses.
Erste Freiwilligeneinsätze schon als Jugendlicher
Begonnen hat alles wohl mit einem Freiwilligeneinsatz nach dem verheerenden Tsunami 2004 in Sri Lanka. Damals hatte sich der Chiemgauer nach dem Abitur über eine Organisation am Wiederaufbau beteiligt und geholfen, Spielplätze anzulegen. Anschließend machte er die Ausbildung zum Landschaftsgärtner und startete 2007 in die Selbstständigkeit: mit Auto, Schubkarre und Schaufel. Einige Jahre später kamen die ersten Mitarbeiter*innen, der Betrieb wuchs. Deshalb kaufte er 2017 ein 6.000 Quadratmeter großes Gelände in Eggstätt. Die neue Betriebsstätte zählte zwischenzeitlich 20 Mitarbeiter*innen. Aus Eigeninteresse ließ sich Georg Höfer 2013 zum Erlebnispädagogen ausbilden. Und wann immer möglich, reiste er in die Ferne. Zu keinem Zeitpunkt jedoch ahnte er, dass sich all diese Aktivitäten eines Tages wie Puzzleteile zu einem großen Ganzen fügen würden.
Anderen Freude bereiten – und den eigenen Horizont erweitern
Lange überlegt Höfer, wie er die auftragsarmen Winterwochen sinnvoll nutzen könnte. Wie er andere Menschen vom Wissen und Können seines Betriebs profitieren lassen könnte. Schließlich unterhielt er sich mit einem Freund, der einen Verein zur Unterstützung von Freiwilligenprojekten in Südafrika gegründet hatte. Dieser lud ihn zu einem Township-Projekt ein. „Drei meiner Mitarbeiter*innen waren sofort begeistert“, sagt Höfer. Zusammen reisen sie im Winter 2018 und 2019 nach Südafrika. Die Projektidee: Plätze für Jugendliche schaffen, sie zu gemeinsamen Sport- und Freizeitaktivitäten einladen. „Da schwang bereits das Kraftort-Thema mit“, erklärt Höfer. „Im sozialen Gartenbau wollen wir Menschen zusammenbringen und sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen.“ Vordergründig ging es um Fußballprogramme, doch dahinter stand der Ansatz, den Jugendlichen Werte zu vermitteln und sie im Umgang mit Konflikten zu schulen. „Allerdings war für die Mädchen der Austausch wichtiger“, erinnert sich Höfer. „Deshalb bauten wir für sie Spielplätze und Ruheoasen, wo sie sich ohne Leistungsdruck zurückziehen können.“
Verein für sozialen Gartenbau
Schließlich gründete Höfer mit seinen drei Teammitgliedern aus dem Freiwilligenprojekt sowie Kund*innen und weiteren Externen einen eigenen Verein, um selbst ehrenamtliche Gartenbauprojekte durchführen zu können. Finanziert werden diese aus Spenden – etwa von Partnerorganisationen. Dabei sind Verein und GaLaBau-Betrieb voneinander unabhängig. Allerdings firmiert Georg Höfer als Chef in beiden Organisationen. Seit 2023 finanziert Höfer Kraftorte die Projekte auch selbst mit, indem ein Prozent des Jahresumsatzes als Spende an Social Landscaping e. V. geht. Zudem werden die Kund*innen auf die Möglichkeit einer Spende an den Verein aufmerksam gemacht, etwa im Rahmen der Abrechnung. 2022 war Höfer mit einem Freiwilligenteam noch einmal in Südafrika. „Es hat uns sehr berührt, wie sich alles inzwischen entwickelt hat“, schwärmt er. Jetzt entwickelt der gelernte Erlebnispädagoge auch noch ein Train-the-Trainer-Konzept, um die Teamleitungen vor Ort künftig optimal bei der Nutzung der Anlagen zu unterstützen.
Nische und USP: Kraftort-Konzept in Kombination mit sozialem Gartenbau
„Unsere sozialen Gartenbauprojekte verändern nicht nur das Leben der Menschen vor Ort, sondern auch uns“, betont Höfer. Das habe sich auch auf die Unternehmensphilosophie im heimischen GaLaBau-Betrieb ausgewirkt. „Im Zentrum steht immer, was die Menschen dort bewegt und was sie brauchen, um sich besser entfalten zu können“, so Höfer. „Da konnten wir nicht einfach zurückkommen und weiter irgendwelche Einfahrten mit Beton zupflastern.“
Deshalb hat er für seinen GaLaBau-Betrieb ein neues Konzept entwickelt: Gärten als Kraftorte, die Erholung, Entspannung, soziales Miteinander ermöglichen, aber auch die eigene Persönlichkeit entfalten helfen. Sein Betrieb ist auf Naturpools und Schwimmteiche spezialisiert, bietet aber auch das komplette Angebot von der Gartenanlage bis zu den nachfolgenden Pflegeleistungen an. „Mit unserem Konzept bewegen wir uns in einer Nische, die so noch niemand besetzt“, sagt Höfer. Zwar sei das mit Risiken verbunden. „Aber es kommen immer mehr Kundinnen und Kunden zu uns, die genau dieses Konzept anspricht.“
Wichtig: Die Menschen auch emotional mitnehmen!
Zunehmend fühlen sich auch Bewerber*innen davon angesprochen. „Unsere Stärke liegt darin, ein besonderes Verhältnis zu den Menschen aufzubauen. Wir nehmen sie auch emotional mit.“ Aktuell hat sich Höfer Kraftorte bewusst auf 13 Mitarbeiter*innen verkleinert. Das jetzige Team stehe hinter dem Konzept. Dennoch werde niemand verpflichtet, sich an den Auslandsprojekten zu beteiligen. „Aber wer dabei war, verhält sich auch im Team anders“, bemerkt Höfer. Die Resilienz sei dann oft größer und das wirke sich positiv auf das „Immunsystem der Firma“ aus.
Sozialer Gartenbau hilft, das Leben vieler Menschen zu verbessern
Höfer wünscht sich, dass auch andere GaLaBau-Betriebe sich an sozialen Gartenbauprojekten beteiligen. Dabei will sein Verein unterstützen. Projektanfragen gebe es viele: aus Kenia, Uganda, von den Philippinen, aber auch aus Deutschland.
Der letzte Einsatz in Kolumbien war für Höfers Team mehrfach bewegend, denn sie konnten eine Familienzusammenführung initiieren. Mit dabei war eine 24-jährige Auszubildende, die in einem kolumbianischen Kinderheim aufgewachsen war. Über eine Adoption war sie mit 14 Jahren nach Deutschland gekommen. Die Idee für ein Projekt in ihrem früheren Kinderheim kam von ihr. Noch vor Ort begann sie nach ihrer leiblichen Familie zu suchen – und wurde fündig. Die Eindrücke des Kolumbieneinsatzes hat ein Dokumentarfilmer festgehalten. Demnächst soll der Film in ausgewählte Kinos kommen. Auf YouTube kann man sich bereits den Trailer zum Film anschauen: Social Landscaping - Kolumbien
Social Landscaping e. V.
Der 2021 gegründete Verein hat sich dem sozialen Gartenbau verschrieben. Ziel ist es, soziale Gärten als Orte der Gemeinschaft und Begegnung zu schaffen und jährlich mindestens ein Projekt in einem Entwicklungsland durchzuführen. Höfer Kraftorte unterstützt die ehrenamtlich durchgeführten Projekte mit eigenen Mitarbeiter*innen. Dabei nutzen die Landschaftsgärtner*innen die Ruhephase im Winter, um bei einem sozialen Projekt zusammen mit lokalen Akteur*innen Gärten, Spielplätze oder grüne Oasen anzulegen. An den Projekten können sich Landschaftsgärtner*innen aktiv beteiligen. Aber auch Personen, die spenden oder mit Ideen und Material unterstützen möchten, sind willkommen. Darüber hinaus unterstützt der Verein auch andere GaLaBau-Betriebe, die selbst ähnliche Projekte durchführen und eine entsprechende Unternehmenskultur aufbauen möchten.
Linktipp:
Autorin: Conny Frühauf
Fotos: (wenn nicht anders angegeben) Martin Rottenkolber