Keine Angst vor vielen Pflanzen
Natürliche Staudenbeete von Petra Pelz

Wer sich mit natürlich wirkenden Staudengärten und klimagerechten Pflanzen beschäftigt, kommt an der Landschaftsarchitektin Petra Pelz kaum vorbei.  Die Gestalterin üppiger Beete hat mit ihren Pflanzkonzepten viele Preise gewonnen und ist über Deutschland hinaus bekannt. An ihrem Wissen über Gärten, die auch trockenes, heißes Wetter vertragen, lässt sie andere gern teilhaben. Wir haben mit ihr über klimastabile Stauden und ihre neue Gartenplanungs-App geredet.

Petra Pelz gilt als Meisterin der harmonischen und großzügigen Gartengestaltung. Besonders auf Gartenschauen, die mit Themen und Geschichten arbeiten, lebt sie sich gerne aus. So nimmt sie in Bayreuth Inspirationen von Wagner auf und übersetzt Musik in passende Farben, wenn sie Isoldes Liebestrank mittels violett-giftig-dunkler Stauden interpretiert und für das wogende Meer einen schaumig leichten Blütenflor wählt.

Die Liebe zu spät- und langblühenden nordamerikanischen Stauden kombiniert mit passenden Gräsern hat Petra Pelz von ihrem früheren Berufsfreund, dem US-amerikanischen Landschaftsarchitekten Wolfgang Oehme gelernt. Bei ihm sah sie erstmals großzügige Mischpflanzungen von wogenden Halmen und Blüten. Heute greift sie auf einen reichen Fundus an bunten Lieblingspflanzen aus Prärie, Steppe und der Mittelmeerregion zurück. Viele von ihnen haben den Vorteil, mit Trockenheit und Hitze gut klarzukommen.

Die Natur ist das Vorbild

Klimagerechte und dem Temperaturanstieg angepasste Gärten sind ein großes Anliegen der Landschaftsarchitektin. Sie setzt dabei auf Pflanzgesellschaften, die natürliche Gegebenheiten aufnehmen oder optisch fortsetzen. Viele Stauden bilden lange Wurzeln oder haben besonders kleine oder dicke Blätter, so müssen sie nur selten bewässert werden. Sie stammen aus osteuropäischen und mittelasiatischen Steppen, nordamerikanischen Prärien und aromatisch duftenden mediterranen Landschaften. Pflegeleicht sollte ein Garten sein, sagt Petra Pelz: „Mir ist wichtig, dass man trotzdem in den Urlaub fahren kann.“

Rittersporne etwa findet sie schön, aber schwierig, weil die Stauden sehr pflegeintensiv sind. „Ich versuche, ökologisch zu denken. Für Wiesen oder große Gärten verwende ich ganz gern Natternkopf. Viele Hummeln ziehen Bergminzen wie Pycnanthemum oder Calamintha an. Einjährige einheimische Pflanzen in kleinen Gruppen lassen sich mit ausdauernden nordamerikanischen verbinden. So hat man Blüten durch das ganze Jahr, die ein breites Nahrungsangebot für Insekten bieten.“

Bodenständig: Trotz vieler Auszeichnungen sind Petra Pelz gelungene Gärten und neue Ideen am wichtigsten.

Da es von der Pflanzung bis zum endgültigen Eindruck meist eine Weile dauert, übt die eigentlich rastlose Gestalterin sich in Geduld und vertraut auf das relativ schnelle Wachstum der Stauden. Pro qm pflanzt sie fünf bis sechs Stück, um die Fläche schnell zu schließen. Mit größeren Gehölzen als optische Ankerpunkte sorgt Petra Pelz dafür, dass schon junge Gärten einen fertig gestalteten Eindruck machen. Das vermittelt einen natürlichen Eindruck.

Gravel Gardening?

Um die Wirkung von Pflanzgemeinschaften in ihrem eigentlichen Lebensraum zu sehen und zu begreifen, ist Petra Pelz an viele der Naturstandorte gereist. Aktuell setzt sie sich mit dem Pflanzen in Sand auseinander, das gerade als „Gravel Gardening“ bekannter wird. „Man pflanzt in Sand, der 20 cm hoch auf normalem Boden ausgebracht wird. Dadurch werden die Wurzeln gezwungen, in die Tiefe zu gehen. Die Sandschicht wirkt wie Mulch und bildet bei starken Niederschlägen gleichzeitig eine Drainage, weil der Wurzelhals dann nicht im Wasser sitzt. Ich hatte das vorher noch nie ausprobiert und hoffe, es funktioniert. Vorgemacht haben es der schwedische Staudengärtner Peter Korn oder Till Hofmann in Bayern.“

Einbinden statt ausgrenzen

Selbstverständlich spielt der Ort ebenfalls eine bedeutende Rolle, wenn Petra Pelz einen Privatgarten oder eine Gartenschau gestaltet. Am Anfang stehen bei ihr das Aufnehmen der Umgebung und die anschließende Recherche. Ein oder mehrere Fixpunkte, die sie mit Gehölzen vielleicht sogar selbst setzt, erleichtern den Start. Grundsätzlich helfe es, ein Leitthema für den Garten zu finden, so die Landschaftsarchitektin.

Haus und Einrichtung sagen nach Pelz‘ Erfahrung besonders viel über die Auftraggebenden aus. „Vielleicht sind die Fenster bordeauxrot gestrichen, oder die Wände aus Klinker gemauert – ein anderes Gebäude dagegen ist cool und modern.“ Kronleuchter und Freitreppe deuten auf ganz andere Vorlieben hin als ein kuschelig eingerichtetes Reetdachhaus oder eine Toskanavilla. „Eher Intellektuelle und Naturliebende mögen oft Stauden. Die Protzigen, die repräsentieren wollen, wünschen sich dagegen häufig große Rhododendren.“

Kleine Gärten, ganz groß

Selbst kleine Gärten können durch geschickte Planung viel größer wirken, als sie eigentlich sind. Petra Pelz‘ früherer Garten in Magdeburg zwang die Gestalterin mit seinem schmalen Maß von 10 x 60 Metern dazu, in die Länge zu denken. Aus dieser Erfahrung heraus rät sie dazu, Grundstücksgrenzen nicht zwingend mit Hecken, sondern mit Stauden oder Gräsern zu bepflanzen, damit sie optisch mit der Umgebung verschmelzen: „Wenn man räumlich durchdacht modelliert, kann man Größe vortäuschen. Leute haben immer Angst davor, zu viel zu pflanzen – aber tatsächlich wirkt ein Garten größer, wenn man nicht alles auf einmal entdecken kann. Dann muss man in den Garten hineingehen, um ihn sich zu erschließen.“

Eine höher gelegene Terrasse, von der man alles überblickt, ist deswegen besonders bei kleinen Gärten nicht unbedingt die beste Idee. „Man sollte neugierig machen. Wenn man weiter hinten ein Highlight setzt, das man von vorne nur teilweise sieht, lockt es einen hinein.“ Geschickt gesetzte Büsche, Stauden oder Gräser, auch in die Höhe rankende Pflanzen, wirken als Sichtschutz und Raumteiler. Hingucker können eine Skulptur oder ein kleiner Pavillon sein, von dem man erst nur das Dach entdeckt.

Garten und Leben langfristig denken

Erleichtert ist Petra Pelz darüber, dass sie durch ihre persönliche Garten-Handschrift Wunschprojekte anzieht. „Früher war es mitunter grenzwertig. Zum Beispiel, wenn ein Kunde kam, der maximal weiße Rosen in seinem Garten haben wollte, weil ihn alles Blühende verrückt machte. Der passte gar nicht zu mir.“ Denn als Landschaftsarchitektin spielt Pelz gerne mit Farben, Pflanzhöhen und den Jahreszeiten. Sie verwendet dabei auch von manchen Gestaltenden verpönte Farben wie Gelb: „Einige finden das zu knallig. Ich dagegen denke, dass es kombiniert mit Weiß ganz elegant aussieht. Gelb wirkt wunderbar, wenn man es richtig einbindet.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Langlebigkeit übers Jahr. Ein Garten sollte zu keinem Zeitpunkt chaotisch wirken, noch aus geschorenem Rasen mit Randbepflanzung bestehen, findet Pelz.  „Gerade mit nordamerikanischen Stauden und mehrjährigen Gräsern kann ich erreichen, dass ein Garten übers Jahr attraktiv bleibt. Dazu tragen der Blattschmuck, die Blüten, die Samenstände bei.“ Viele europäische Stauden haben ihr Hoch bereits im Früh- und Hochsommer, weil sie ihre Saat vor einem frühen Winter ausbilden wollen. Für ganzjährig gedachte Gärten ist das ein Nachteil.

 „Es gibt immer Herausforderungen, sie sind das Schöne.“

Keine Angst vor zu vielen Pflanzen im Garten: Das ist das Credo von Petra Pelz. Ihre Gartenkonzepte wurden schon mit impressionistischen Gemälden verglichen.

Ihr umfangreiches Wissen gibt Petra Pelz gern in ihrem Blog, auf ihrer Website und in Kursen weiter, in denen es auch um klimagerechtes Planen und Pflanzen gibt. „Die Leute sollen nicht verzweifeln, wenn sie vor der Gartenplanung stehen, es gibt ja Lösungen. Wenn die Teilnehmenden dann mit einem fertigen Pflanzplan nach Hause gehen, der auch noch funktioniert, sind wir alle total glücklich.“ Mittlerweile hilft eine junge Kollegin die Anfragen zu bewältigen, und ebenso bei der Umsetzung einer umfangreichen neuen Gartenplanungs-App. „So kann ich etwas an die nächste Generation weitergeben.“

Petra Pelz selbst kann sich vorstellen, in absehbarer Zeit auch andere Dinge zu machen als Gartenschauen zu planen. An Ideen jedenfalls mangelt es ihr nicht.

Mehr von Petra Pelz und der Garten-App: https://petra-pelz.com

Die Garten-App

Petra Pelz hatte ursprünglich nicht gedacht, dass ihre App zur Gartenplanung derart komplex werden würde. Ihre Ausgangsidee war, Menschen bei der Auswahl von standortgerechten Gartenpflanzen zu helfen, ursprünglich mit kleinen Fotokärtchen. Doch dann wuchs das Projekt über sich hinaus und wurde zu einer vielseitigen, stetig wachsenden App. Die aktuelle Version richtet sich in erster Linie an Fachkundige, denen sie eine Hilfe bei der Beratung bietet. Aber auch Laien können damit arbeiten. Das Tool ist intuitiv zu bedienen und enthält ausführliche Informationen über Aussehen, Wachstum, Blütezeit, Standort, Farben, Bezugsquellen und vieles mehr.  Jede Pflanze ist in unterschiedlichen Vegetationsstadien abgebildet. Die App wird dauerhaft ergänzt. Allein für die Gehölze werden seit Mai 2022 16.000 Fotos eingepflegt. Neben den Pflanzenfotos gibt es auch Beispielbilder von fertigen Projekten, um die Wirkung in der Umgebung besser einschätzen zu können.

Pflanzenreich-App

Umplanen per Drag and Drop: in der Garten-App gibt es dafür eine große Pflanzenauswahl.

Screenshots der Pflanzenreich-App

Eine Auswahl der Auszeichnungen, die Petra Pelz erhalten hat:

  • TASPO-Award für ein Staudenband über 4.000 m2 für die BUGA Erfurt 2021
  • Preis „GartenDesigner des Jahres“ 2021 (zusammen mit Peter Berg)
  • 2. Preis Bester Gartenblog design-natuerlich.de Schloss Dennelohe 2020
  • Buchpreis der Deutschen Gartenbaugesellschaft 1822 e.V. für das Buch „Gräser im Garten“ (zusammen mit Katharina Adams) 2012
  • Als erste Europäerin: „Landscape Design Award 2005 – Award of Honor und Judges Choice Award“ von der Perennial Plant Association in Tennessee

Sandbeete, hier ganz frisch angelegt, können eine Möglichkeit sein, mit langer Trockenheit und plötzlichen heftigen Niederschlägen umzugehen.

(Das Interview führte: Britta Freith)

Carsten Peters2022-10-11T12:57:04+02:00
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