Trockenheit, Starkregen, Stürme - die Folgen der Klimakrise schädigen auch die Bäume in historischen Parkanlagen. Eine Studie der TU Berlin zeigt, dass fast 60 Prozent aller untersuchten Bäume betroffen sind. Jens Spanjer, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Schloss Dyck im Rhein-Kreis Neuss, zeigt Lösungen auf für historische Parks im Klimastress.
Herr Spanjer, der bundesweit erste Klima-Parkschadensbericht der Technischen Universität (TU) Berlin zeigt: 59 Prozent der Bäume in den untersuchten Parks sind geschädigt. Der Park von Schloss Dyck in Jüchen war unter den 62 untersuchten historischen Parkanlagen. Wie geht es Ihren Bäumen?
Jens Spanjer: Die Studie macht Aussagen zu zwei wichtigen Fragen: Wie stark sind die Bäume geschädigt, und wie stark ist der Niederschlag im Vergleich zum Durchschnitt zurückgegangen? Vom Rückgang des Niederschlags sind wir, nach einer Parkanlage in Baden-Württemberg, am zweitstärksten betroffen. Was den Schädigungsgrad der Bäume betrifft, stehen wir verhältnismäßig gut da: Etwa 40 Prozent der Bäume sind betroffen.
Intensive Baumpflege hilft
Woran liegt es, dass es den Bäumen verhältnismäßig gut geht?
Jens Spanjer: Das liegt sicherlich daran, dass wir schon seit vielen Jahre eine intensive Park- und Baumpflege betreiben. In vielen Fällen brauchen auch Großbäume einen regelmäßigen Rückschnitt, beispielsweise Kronen-Entlastungsschnitte. Das verringert die Gefahr von Astbruch durch starken Wind, außerdem verdunsten sie weniger und kommen mit weniger Wasser aus. Als Beispiel bringe ich gern den Sturm Ela, der 2014 hier in der Region zu immensen Schäden geführt hat.
Den Boden gut behandeln
In Düsseldorf hat der Sturm etwa 40 Prozent des Baumbestandes der Parkanlagen zerstört. Auch in unserer direkten Nachbarschaft wurden viele Park- und Straßenbäume stark in Mitleidenschaft gezogen. Unsere Parkanlage ist relativ glimpflich davongekommen.
Was hilft den Bäumen noch, neben guter Erhaltungspflege?
Jens Spanjer: Wir setzen stark auf Standort-Verbesserungen. Beispielsweise impfen wir den Wurzelraum mit Mykorrhiza. Der Pilz besiedelt das Feinwurzelsystem, versorgt die Wurzeln mit Nährstoffen wie Phosphor und Stickstoff und macht Wasser leichter verfügbar. Wir bringen zudem Pflanzenkohle ein, um eine bessere Bodenstruktur zu bekommen.
Förderprojekt zur Anpassung an den Klimawandel
Außerdem mähen wir nicht mehr überall bis unter die Bäume, sondern wir lassen auch krautige Vegetation zu. Wir pflanzen zusätzlich Stauden, die Verdunstung und Beschattung bringen, und wir mulchen. Das alles trägt dazu bei, die Bodenqualität an den Baumstandorten zu verbessern. Diese Maßnahmen zur Bodenverbesserung finden zurzeit im Rahmen eines Förderprojekts statt.
Welches Projekt ist das?
Jens Spanjer: Von 2022 bis 2025 bekommen wir vom Bundesbauministerium über das Programm „Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in urbanen Räumen" insgesamt drei Millionen Euro für das Projekt „Klimaneutrale Schloss- und Parkanlage Schloss Dyck“.
Klimaresiliente Baumarten pflanzen
Das Geld fließt unter anderem in ein neues Bewässerungssystem, in den Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen – und in eine innovative, dem Klimawandel angepasste Parkpflege. Ein weiterer Schwerpunkt sind Baum-Nachpflanzungen. In dem Rahmen erforschen und erproben wir beispielsweise Baumarten, die mit den Folgen des Klimawandels besser klarkommen. Zudem werden wir eine Heizanlage bauen, die mit Chinaschilf heizt. So können wir das Schloss künftig klimaneutral beheizen.
Klimaanpassung versus Denkmalpflege?
Der Parkschadensbericht hat gezeigt, dass vor allem nicht-einheimische Arten aus kontinentalen Klimazonen mit dem Klimawandel besser klarkommen. Was bedeutet das für die historischen Gärten? Steht die Klimaanpassung der Gartendenkmalpflege entgegen?
Jens Spanjer: Meiner Meinung nach braucht es ein Umdenken bei der Gartendenkmalpflege. Manche Pflanzungen funktionieren an bestimmten Standorten einfach nicht mehr so wie vor 200 Jahren. Bei unserem Förderprojekt sind wir in einem sehr guten Dialog mit unserer Gartendenkmalpflege: Es gibt eine große Offenheit, auch neue Baumarten zu verwenden. Doch in der Hinsicht sind wir vermutlich ein Sonderfall.
Park-Gründer sammelte exotische Baumarten
Inwiefern?
Jens Spanjer: Unser Park wurde vor 200 Jahren als englischer Landschaftsgarten angelegt - aber auf andere Weise als die meisten englischen Landschaftsgärten in Deutschland. Fürst Pückler gestaltete seine Parkanlagen in der Regel mit fünf bis sieben Baumarten. Der Begründer des Parks von Schloss Dyck hingegen, Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, verwendete schon vor 200 Jahren 150 Baumarten. Er war eher Sammler exotischer Pflanzen und Botaniker, weniger Gestalter.
Beispiel für Parkanlagen der Zukunft
Deswegen können wir offener sein und neue Baumarten einbringen. Denn das hätte Fürst Joseph auch getan. Dieser Aspekt kann uns zu einem Musterbeispiel machen, das andere Parkanlagen in der Zukunft übernehmen könnten.
Zusammen mit dem damaligen Vorsitzenden des Vereins Schlösser und Gärten in Deutschland haben Sie 2019 das Initiativbündnis Historische Gärten im Klimawandel gegründet. Die Mitglieder tauschen sich unter anderem über Lösungen zur Klimaanpassung aus. Sehen die Besitzer*innen historischer Parkanlagen also, dass sie handeln müssen?
Jens Spanjer: Ja, das tun sie absolut. Das Bündnis ist eine breite Allianz aus staatlichen, kommunalen und privaten Garten- und Parkverwaltungen, Stiftungen, Ausbildungs-Organisationen, kommunalen Vertreter*innen, Wissenschaftler*innen und grünen Verbänden. Auch der BGL als Vertretung des Berufsstandes ist Mitglied.
Aus den Erfahrungen der Anderen lernen
Die Nachfrage nach einem fachlichen Austausch ist groß, unsere Treffen und Online-Vorträge sind gut besucht. Wir stehen beim Umgang mit dem Klimawandel alle vor ähnlichen Herausforderungen. Da ist es gut, wenn man Fehler, die andere gemacht haben, nicht wiederholt, sondern aus den Erfahrungen der Anderen lernen kann.
Zur Person: Jens Spanjer
Der Landschaftsarchitekt und Regionalmanager Jens Spanjer, Jahrgang 1968, ist seit 2009 geschäftsführender Vorstand der Stiftung Schloss Dyck, zuvor war er acht Jahre lang Geschäftsführer. Seit 2022 sitzt er dem Verein Schlösser und Gärten in Deutschland vor. Außerdem ist er Vorstandsvorsitzender der Stiftung Die Grüne Stadt, die der BGL als Partner unterstützt.
Klimaanpassung in historischen Parks - selbst aktiv werden
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Autorin: Kirsten Lange