Foto: Ralf Maier

Landschaftsarchitekt Ralf Maier realisiert seit über 20 Jahren Skate- und Bikeanlagen weltweit. Als ehemaliger Deutscher Meister und Weltmeister im BMX-Sport weiß er, wie Anlagen beschaffen sein müssen, um Skater*innen, BMXer*innen, aber längst auch anderen Nutzergruppen optimale Bedingungen zu bieten. Warum GaLaBau-Betrieben für die anschließende Umsetzung eine wichtige Rolle zukommt, erläutert er im Interview.

Gute Skate- und Bikeanlagen müssen den Praxistest durch die Menschen bestehen

Herr Maier, Sie haben als BMX-Sportler den Weltmeistertitel geholt. Wie sehr hat diese Leidenschaft Ihre Berufswahl geprägt?

Ralf Maier: Wir sind in den 1980er Jahren mit dem Verein Wettkämpfe gefahren. Dann wurde der BMX-Sport zum Trend, jede Stadt hatte plötzlich irgendwo eine kleine Fläche dafür, oft von Spielgeräteherstellern errichtet. Allerdings ist BMX ein Sport, kein Kinderspiel. Inzwischen gehört dieser wie Skaten zu den olympischen Disziplinen. Die früheren Anlagen haben uns meist nicht überzeugt. Als Landschaftsarchitekt wollte ich das ändern. Hierbei kam mir meine Bekanntheit als BMX-Sportler zugute. Heute habe ich im Büro Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die alle selbst Skateboard oder BMX fahren. Sie alle wissen genau, wie die richtigen Radien und Winkel auszubilden sind.

Ralf Maier

Ralf Maier ist bis heute im BMX-Sport aktiv. (Foto: Thomas Josek)

„Die früheren Anlagen haben uns oft nicht überzeugt. Als Landschaftsarchitekt wollte ich das ändern.“

Jeder Skatepark ist ein Unikat

Wir haben unser Büro für diese Anlagen provokativ maier Betonlandschaften genannt. Denn wir wollen zeigen, dass eine Landschaft auch mit Beton schön sein kann. Aus diesem Grund planen wir nicht einfach rechteckige Flächen, sondern lauter Unikate. Da jede Topografie anders aussieht, muss deren Besonderheit in die Gestaltung einfließen. Man kann farbigen Beton verwenden, Bestandsbäume oder Naturstein einbeziehen. Darüber hinaus muss sich die Anlage in das Stadtbild oder die Umgebung einfügen, sodass man nicht sofort erkennt, ob es sich um einen Skatepark, einen öffentlichen Platz oder eine Grünanlage handelt.

Sicherheit spielt bei der Skateplatz-Planung eine große Rolle

Was muss eine Skateanlage über die Funktionalität und Ästhetik hinaus an Sicherheitskriterien erfüllen?

Ralf Maier: Für Sportanlagen gilt ein anderes Sicherheitsverständnis als für Kinderspielplätze. Daher können sie nur von Sportplatzprüfern kontrolliert werden. Skateanlagen werden nach Sportplatznorm geprüft. Dafür gibt es klare Regelwerke. Beispielsweise muss ein Abstand von 70 oder 80 Metern zur Wohnbebauung eingehalten werden. Unlängst habe ich in Amsterdam einen riesigen Skatepark inmitten eines Wohngebiets gesehen, das wäre in Deutschland undenkbar.

„Inzwischen planen wir viele Anlagen sowohl als Multifunktionsanlage als auch inklusiv.“

Der Sport- und Freizeitpark in Dortmund-Hombruch

Der Sport- und Freizeitpark in Dortmund-Hombruch gehört mit 20.000 Quadratmeter Grundfläche zu den größten Multifunktionssportanlagen in Deutschland. (Planung: maier Betonlandschaften, Foto: Lukas Reyer)

Als Landschaftsarchitekten sind wir für die klassischen Leistungsphasen zuständig. Diese reichen von der Grundlagenermittlung bis zur Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung und schließlich Ausführungsplanung inklusive Vorbereitung der Vergabe, Submission, Bauausführung. Bei Skateanlagen gehört auch ein Lärmgutachten dazu. Die Boards haben Impulsausschläge von über 100 Dezibel (db).

In welcher Bauweise werden Skateanlagen aktuell errichtet?

Ralf Maier: Tatsächlich muss bei der Bauweise berücksichtigt werden, dass ein Skatepark heute nicht mehr ausschließlich von Skater*innen genutzt wird. Heute werden die Betonwellen auch von Kindern auf Scootern, Rollschuhen oder Inline-Skates genutzt. Dazu kommt Wheelchair-, also Rollstuhlfahren, der sogenannte WCMX-Sport (WCMX = Wheelchair Motocross). Inzwischen planen wir viele Anlagen sowohl als Multifunktionsanlage als auch inklusiv, mit barrierefreien Zuwegen und zum Teil auch besonderer Farbgebung für Menschen mit Seheinschränkungen.

Skateanlage in Dortmund-Hombruch

Dortmund-Hombruch: Die Skateanlage war 2022 Teil der Veranstaltungsreihe „Tag der Architektur in NRW“. (Planung: maier Betonlandschaften, Foto: Jeff Ladd)

„Da jede Topografie anders aussieht, muss deren Besonderheit in die Gestaltung einfließen.“

Calisthenics:

Calisthenics-Parks umfassen Stangen verschiedener Höhen; Elemente klassischen Geräte-turnens und akro-batischer Übungen

In diesen Anlagen sind neben Skateparks oft auch Pumptracks, Parcours, Calisthenicsbereiche integriert. Die klassische Bauweise ist inzwischen die Vorortbauweise mit Ortbeton. Denn sie haben eine sehr lange Lebensdauer, wie man an Anlagen in Frankreich oder England aus den 1970er Jahren sieht. Zusätzlich nutzen manche Vereine Elemente aus Holz oder Stahl, die jedoch in der Wartung anspruchsvoller sind.

Pumptrack:

künstlich angelegte Mountain-bikestrecke; Geschwindigkeit wird durch "pump-ende" Auf- und Abwärtsbewegung des Körpers auf-gebaut

Parcour:

Strecke mit Hindernissen

„Wir wollen zeigen, dass eine Landschaft auch mit Beton schön sein kann.“

architektonische Sprache des Skateparkprojekts

Die architektonische Sprache des Skateparkprojekts in Dortmund-Hombruch lehnt sich an die Industrie- und Zechenkultur der Stadt an. (Foto: Jeff Ladd)

GaLaBau-Betriebe bringen die für die Umsetzung von Skateanlagen nötige Expertise mit!

Welche Rolle nehmen Garten- und Landschaftsbaubetriebe bei der Realisierung einer Skateanlage ein?

Ralf Maier: Eine sehr wichtige! Nach unserer Planungsphase kommen sie zunächst als Hauptauftragnehmer ins Spiel. Dabei bringen sie nicht nur die Expertise im Bereich Erdbau, Tiefbau, Entwässerung, Vegetation und Wegebau mit, sondern auch den nötigen Maschinenpark. Nach der Freigabe durch die Bauherr*innen reichen wir die Ausführungsplanung an einen GaLaBau-Betrieb weiter, übernehmen aber die Bauüberwachung. Nach den Ausführungen durch den GaLaBau-Betrieb kommen die Skateparkbaufirmen ins Spiel, die sich auf die Betonoberflächen spezialisiert haben. Das sind oft kleine Firmen, bei denen es durchaus Schwankungen in der Ausführungsqualität geben kann. GaLaBau-Betriebe sollten hier sehr wählerisch sein.

Skateanlage im Augsburger Reesepark

Von maier Betonlandschaften geplante Skateanlage im Augsburger Reesepark. (Foto: Ralf Maier)

„Nach der Freigabe durch die Bauherr*innen reichen wir die Ausführungsplanung an einen GaLaBau-Betrieb weiter.“

Transition:

Engl. für Übergang. Gemeint ist die Rundung in z.B. Halfpipes

Wie sieht für Sie aus Sicht des BMX-Sportlers die ideale Skateanlage aus?

Ralf Maier: Als Landschaftsarchitekturbüro planen wir Landschaften und beraten die meist öffentlichen Auftraggeber*innen. Anders als einige Skateparkbaufirmen setzen wir über den reinen Sportzweck hinaus auf erweiterte Konzepte. Beispielsweise beteiligen wir auch Kinder und Jugendliche am Planungsprozess. Idealerweise sind die Anlagen multifunktional und inklusiv, wie etwa der Sport- und Freizeitpark in Dortmund-Hombruch. Hier haben wir Inseln geschaffen, um die Bereiche für Anfänger*innen, Profisportler*innen und verschiedene Sportarten zu trennen.

Der Trend geht bei den Skateanlagen zur Multifunktionalität

Seit zwei, drei Jahren werden in Deutschland sehr viele Skateparks errichtet. Da wir anders als in Amerika, wo es riesige Anlagen gibt, viele Sportarten auf kleinstem Raum unterbringen müssen, geht der Trend klar zur Multifunktionalität. Was die Größe anbetrifft, so hängt diese vom Standort ab. In einer Millionenstadt sind 2000 bis 3000 Quadratmeter angemessen, in einem Dorf reichen vielleicht 200 oder 300 Quadratmeter.

Dann sind Standard-Rampenelemente wie Curb, Banks oder Transition wichtig. Vor allem müssen aber die Abstände stimmen, und die Nutzergruppen dürfen sich nicht gegenseitig ins Gehege kommen. Da müssen wir bei den Vorgesprächen manchmal moderierend einwirken. Skateparks sind Freizeitanlagen, Orte multikultureller urbaner Jugendkultur. Das heißt, auch Bänke, Aufenthaltsflächen, Mülleimer, Lampen und Fahrradständer müssen eingeplant werden.

Curb:

Länglicher Block mit Kanten, auf denen Tricks gemacht werden können

Bank:

Gerade nach oben verlaufende Schräge, an der man mit dem Skateboard hochfahren kann

„Skateparks sind Freizeitanlagen, Orte multikultureller urbaner Jugendkultur.“

Ralf Maier engagiert sich ehrenamtlich in der Stiftung skate-aid und hat so mit Partner*innen vor Ort bereits Skateparks u. a. in Uganda, Nepal, Syrien, Indien, Namibia, Kenia und Ruanda realisiert.  (Fotos: Ralf Maier)

Zur Person

Ralf Maier studierte nach einer Gärtnerlehre und dem Abschluss zum Gärtnermeister Landschaftspflege. Seit 2002 widmet sich der Landschaftsarchitekt vor allem der Planung von Skate- und Bikeanlagen. Seine Leidenschaft gilt dem BMX-Sport, in dem er seit 1980 aktiv ist und sowohl Deutscher Meister als auch Weltmeister wurde. Er hat mehrere Bücher zum BMX-Sport veröffentlicht und ist seit 1999 Herausgeber des Magazins „Freedom BMX“. Darüber hinaus ist Ralf Maier als Sachverständiger für Bike- und Skateanlagen tätig und engagiert sich in zahlreichen Fachgremien, darunter die Normenausschüsse DIN EN 14974 "Skateparks" und VDI 3770 "Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik". Zudem ist er Regelwerksleiter für den FLL Skate- und Bikeanlagen sowie den FLL Mountainbikeanlagen (FLL = Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V.). Beim Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen (bdla) leitet er die Arbeitsgruppe für Sportstätten und Bewegungsräume.

Buchtipp:

  • Fünf Skateparkbauprojekte von maier Landschaftsarchitektur/Betonlandschaften finden sich auch in diesem Buch über Skateparks weltweit:
    David Andreu, Luka Melloni (Hrsg.): Skateparks: Wave of Concrete, ‎booQs publishers, 1st edition 2023 (englischsprachige Ausgabe, Deutsch, Französisch und Spanisch)

Linktipps:

Autorin: Conny Frühauf

Carsten Peters2024-06-26T13:03:09+02:00
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