Dario Luipers (Foto: GVP|Alex Muchnik)
Künstliche Intelligenz hält längst in den Unternehmen Einzug. Sie verbessert Arbeitsabläufe und hilft Menschen, Entscheidungen schneller zu treffen. Doch wie können die GaLaBau-Unternehmen KI praktisch nutzen, und wo bekommen auch kleinere Betriebe dabei Unterstützung? Links zu kostenfreien Angeboten und Antworten auf diese und andere Fragen zum Thema KI in kleinen und mittleren Unternehmen gibt Dario Luipers, Experte für Digitalisierung und KI, im Interview.
Herr Luipers, Sie beraten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Wo wird diese dort im Arbeitsalltag bereits eingesetzt?
Dario Luipers: Viele steigen im Marketingbereich ein. KI-Sprachmodelle können Texte, Videos und Bilder produzieren. Daher nutzen Unternehmen sie etwa, um Social-Media-Content oder Unterseiten zu bestehenden Webseiten zu erstellen. Zudem helfen Sprachmodelle auch heute schon, E-Mails oder Arbeitsanweisungen zu schreiben. Abschließend müssen natürlich immer Menschen noch einmal den Feinschliff erledigen. Ein weiteres Einsatzfeld für KI ist zum Beispiel Machine Vision, also maschinelles Sehen, um unter anderem die Produktqualität zu bestimmen.
KI prüft, ob sich die Teilnahme an einer Ausschreibung lohnt
Die Garten- und Landschaftsbau-Betriebe, mit denen ich bislang Kontakt hatte, waren sehr am Einsatz von KI-Sprachmodellen bei Ausschreibungen interessiert. Hier kann KI zum Beispiel die Ausschreibungen analysieren und prüfen, ob sich eine Teilnahme lohnt. Die KI bereitet dann rund 80 Prozent des Angebots vor – das spart Zeit.
Ich komme aus dem Maschinenbau, dort wird KI für interne Prozesse bereits sehr flexibel eingesetzt, etwa für Dokumentationen oder Prozessanalysen. In der Produktion unterstützt KI bei Prognosen, Bewertungen, Kategorisierungen oder Visualisierungen von Daten. GaLaBau-Betriebe könnten KI auch auf Baustellen nutzen, um zum Beispiel Prognosen darüber zu erstellen, wann bestimmte Baumaterialien ausgehen. Dann könnte die KI im Lager rechtzeitig automatisierte Bestellungen auslösen.
KI-Sprachmodelle
Large Language Modelle (LLM, deutsch: große Sprachmodelle) sind leistungsstarke digitale Modelle, die menschliche Sprache verarbeiten und generieren können. Sie können Texte verstehen, analysieren (meist auch Bild) und sprachbezogene Aufgaben umsetzen. Häufig verwendete KI-Sprachmodelle sind:
- ChatGPT-4 von Open AI
- Claude 3 von Anthropic
- Gemini von Google
- Llama 2 von Meta
Können Sie ein konkretes Anwendungsbeispiel nennen?
Dario Luipers: Mit frei zugänglichen KI-Programmen, wie z. B. Hugging Face, kann man Texte analysieren und erhält daraus Informationen, etwa in Tabellenform. Geben Sie zum Beispiel eine Arbeitsanweisung ein, und die KI liefert in wenigen Sekunden eine Tabelle mit Objektnamen, Anzahl und Maßen.
Sensible Kundendaten: Datenschutz beachten!
Wie finden GaLaBau-Betriebe die für sie passenden KI-Anwendungen?
Dario Luipers: Die meisten Betriebe arbeiten zuerst mit kostenlosen Programmen, bevor sie eine Bezahlversion nutzen. So können sie einschätzen, ob sich die Investition für sie lohnt und das Programm die jeweils dafür vorgesehene Aufgabe erledigen kann. Vielleicht ist der eine GaLaBau-Betrieb auf der Suche nach einem System, das Bilder für Kundenpräsentationen oder für die Website erstellt und integriert. Der andere braucht einen Chatbot, um Kundenanfragen zu beantworten. Natürlich spielen bei der Auswahl der richtigen KI-Anwendungen auch Budget, Rechenkapazitäten und Datenschutz eine Rolle. Sensible Kundendaten oder personenbezogene Daten müssen geschützt werden. Und wenn man Bilder aus Texteingaben erstellt, dann sind die Lizenz- und Nutzungsbedingungen des Anbieters zu beachten. Hier lohnt sich oft eine externe Beratung.
Was ist zu beachten, wenn KI-Anwendungen in die betrieblichen Abläufe eingebaut werden?
Dario Luipers: In manchen Betrieben gibt es schon Menschen, die über das nötige Know-how verfügen. Sie müssten dann aber für diese Aufgaben von anderen Arbeiten freigestellt werden. Größere Betriebe könnten dafür Teilzeitstellen schaffen. Damit der Digitalisierungsprozess erfolgreich läuft, muss er strategisch aufgezogen werden. Auch hier kann externe Beratung sinnvoll sein, um mit möglichst wenig Ressourcen möglichst viel zu erreichen. Zudem muss das eigene Team frühzeitig mitgenommen werden. Es muss verstehen, wie KI-Modelle funktionieren und wissen, dass diese keine 100-prozentige Fehlerfreiheit liefern. Beispielsweise gibt es das Phänomen der sogenannten Halluzination. Das heißt, das KI-Modell erzeugt einfach künstlich falsche Aussagen, vielleicht auch falsche Zahlen.
„Sensible Kundendaten oder personenbezogene Daten müssen geschützt werden.“
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KI-generiertes Bild zum Thema Datenschutz. Bild: ChatGPT/BGL
KI-Ergebnisse müssen immer von Menschen überprüft werden!
Deshalb braucht es auch unbedingt Sicherheitsvorkehrungen, zum Beispiel in Form von klaren Anweisungen an das Sprachmodell, wie: „Verwende ausschließlich das Wissen aus den Informationen, die ich dir eingegeben habe.“ Langfristig gesehen wird der Umgang mit KI-Sprachmodellen für die Unternehmen und deren Mitarbeiter*innen ein Skill werden, also eine Fertigkeit, genauso wie der Umgang mit Word oder Excel. Dafür müssen sie das Prompt Engineering beherrschen, ihre KI-Anwendung trainieren und diese kontinuierlich auf ihre Bedürfnisse zuschneiden können.
Prompt und Prompt Engineering
Unter Prompt versteht man die präzise Anweisung für ein KI-System, um verwertbare Ergebnisse zu erhalten (auch: prompten). Das Prompt Engineering bezeichnet den Prozess der Entwicklung und den Einbau von dialogorientierten Schnittstellen wie Chatbots, virtuellen Assistenten und anderen KI-gestützten sprachbasierten Systemen.
Wo sehen Sie mögliche Hürden?
Dario Luipers: In mangelhaften Datengrundlagen! KI-Anwendungen brauchen umfangreiche Datenmengen von hoher Qualität. Diese erzeugen übrigens einen weiteren Mehrwert, nämlich Transparenz. Anhand der gewonnenen Daten lassen sich betriebliche Prozesse besser visualisieren und analysieren, wodurch sich Prozesse schneller automatisieren lassen. KI ist dann eigentlich nur noch die Kirsche auf der Sahnetorte. Aber die Daten müssen eben erhoben und sauber eingepflegt werden. Auch das Thema IT-Sicherheit muss mitgedacht werden. Für all das müssen Menschen geschult, neue Strukturen sowie ein gutes Projektmanagement aufgebaut werden.
Prompt Beispiel: Garten- und Landschaftsbau - Ausschreibungsvorbereitung
„Analysiere bitte diese Ausschreibung und gib eine Zusammenfassung der wichtigsten Anforderungen an die Landschaftsgestaltung. Identifiziere die benötigten Baumaterialien, geschätzte Mengen und Lieferzeiten. Erstelle bitte auch eine Tabelle, die die Anforderungen nach Arbeitsaufgaben und Materialien sortiert.“
Prompt Beispiel: Gartenplanung
„Generiere bitte auf Basis der folgenden Grundstücksbeschreibung ein optimiertes Gartenlayout mit Fokus auf nachhaltigen Materialien, die zur Reduzierung von Wasserverbrauch beitragen. Verwende dabei heimische Pflanzenarten, die zu einer bienenfreundlichen Umgebung passen, und integriere eine Regenwassernutzungsanlage. Erstelle eine visuelle Skizze des Designs.“
Prompt Beispiel: Pflegepläne für Grünflächen
„Erstelle bitte einen Pflegeplan für diese Parkanlage, der den monatlichen Pflegeaufwand für Rasenflächen, Bäume und Sträucher unter Berücksichtigung saisonaler Unterschiede optimiert. Gib Empfehlungen für umweltfreundliche Düngemittel und Pflegeintervalle an.“
Kostenfreie Hilfen und Beratung für den betrieblichen KI-Einsatz
Wo finden GaLaBau-Betriebe hier Unterstützung?
Dario Luipers: Dafür stehen in Deutschland kostenfreie staatliche Unterstützungs- und Beratungsangebote bereit, die von KMU noch zu wenig genutzt werden. Darüber hinaus helfen die regionalen Wirtschaftsförderungen, geeignete Förderprogramme auszuwählen und zu beantragen. So muss ein Betrieb Digitalisierungsprojekte nicht komplett aus eigenen finanziellen Mitteln stemmen.
Frühzeitig auf Digitalisierung und KI zu setzen, verschafft Wettbewerbsvorteile
Inzwischen zeigen Studien, dass in der Arbeitswelt zunehmend Unzufriedenheit herrscht – gerade beim Fachpersonal. Eine Ursache scheint zu sein, dass etliche Arbeitskräfte in ihrem Berufsalltag nicht mehr das tun, wofür sie angetreten sind – branchenübergreifend. Stattdessen sind sie mit immer aufwändigeren Dokumentationspflichten beschäftigt. Allein deshalb lohnt es, darüber nachzudenken, wo KI-Anwendungen den Menschen einfache Aufgaben abnehmen können. Das könnte wieder Zeit für die eigentlichen fachlichen Aufgaben freisetzen. GaLaBau-Betriebe könnten damit im Wettbewerb punkten. Gerade junge Menschen legen viel Wert auf sinnhafte Arbeit, bei der sie sich wohlfühlen. Die Frage, wie sehr ein Betrieb bereits digitalisiert ist, wird künftig auch über dessen Zukunftsfähigkeit entscheiden.
Zur Person
Dario Luipers ist als selbstständiger Berater tätig. Seit seinem Maschinenbau-Studium an der Universität Duisburg-Essen beschäftigt er sich mit Künstlicher Intelligenz und Big-Data-Themen. Von Mai 2022 bis Oktober 2024 war Luipers Geschäftsführer des Mittelstand-Digital Zentrum Rheinland. Zudem hält er Fachvorträge rund um Digitalisierung und Anwendungen von KI für KMU, unter anderem auch im Bereich Garten- und Landschaftsbau.
Foto: Privat
Weiterführende Links:
Unterstützungsangebote und Förderprogramme für KMU zur Digitalisierung (Auswahl):
Alle BGL-Angebote zum Thema Digitalisierung:
Autorin: Conny Frühauf